Edathys relativiertes Geständnis : Die Geister, die die Staatsanwaltschaft rief

von Pia Lorenz

02.03.2015

Keine zwei Stunden, nachdem das Strafverfahren wegen Besitzes kinderpornografischen Materials gegen ihn eingestellt wurde, relativierte Sebastian Edathy auf seiner Facebook-Seite: "Ich weise darauf hin, dass ein 'Geständnis' ausweislich meiner heutigen Erklärung nicht vorliegt". Seine Schuld sei nicht festgestellt worden. Das ist widersprüchlich, aber nicht verwunderlich, meinen Experten.

Sebastian Edathy ließ über seinen Verteidiger Christian Noll am Montag erklären, eingesehen zu haben, dass er einen Fehler begangen habe, so dass das gegen ihn laufende Verfahren wegen kinderpornografischer Bilder und Videos mit Zustimmung auch der Staatsanwaltschaft gemäß § 153a Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurde. Der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete zahlt nun 5.000 Euro an den Kinderschutzbund Niedersachsen und gilt als nicht vorbestraft.

Voraussetzung für die Zustimmung der Staatsanwaltschaft war, das hatte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge stets deutlich gemacht, ein 'glaubwürdiges Schuldeingeständnis' des Ex-Politikers. Als Grund dafür nannte Staatsanwaltschafts-Sprecherin Kathrin Söfker das in diesem Fall besonders große Aufklärungsinteresse. Weil Edathy aber seine Schuld nicht eingestehen wollte, war es im Vorfeld des von großem Medienrummel begleiteten Prozesses nicht zu einer Einstellung des Verfahrens gekommen.

Nun, wo er ein Geständnis abgelegt hat und alles vorbei sein könnte, legt Edathy noch einmal nach. Auf seiner Facebook-Seite postete der 45-Jährige noch am Montag folgenden Text: "Ich begrüße die Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht Verden. Eine Fortsetzung wäre unverhältnismäßig gewesen. - Ich weise darauf hin, dass ein 'Geständnis' ausweislich meiner heutigen Erklärung nicht vorliegt. Die Staatsanwaltschaft war mit dem Wortlaut der Erklärung einverstanden. Eine Schuldfeststellung ist damit ausdrücklich nicht getroffen worden."

In der aktualisierten Meldung der Nachrichtenagentur dpa heißt es: Edathy gab zu, "Bilder und Videos besessen zu haben, die laut Staatsanwaltschaft kinder- und jugendpornografisch sind". Der Ex-Politiker hat also zugestanden, das Material besessen zu haben, nicht aber die rechtliche Bewertung der Staatsanwaltschaft zu teilen, dass es sich um strafrechtlich relevantes kinderpornografisches Material handelt. Auf diese Differenzierung will er sich vermutlich mit seiner Relativierung im sozialen Netzwerk beziehen.

Widersprüchliche Erklärungen: der Fluch der bösen Tat?

Für Professor Matthias Jahn bleiben das widersprüchliche Erklärungen. Aber "der Angeklagte Edathy ist offenbar der Auffassung, dass eine Prozesserklärung, die von Rechts wegen nicht hätte gefordert werden dürfen, ihn auch in keiner Weise bindet", so der Frankfurter Juraprofessor.

Die Einstellung gegen Auflagen ist trotz dieses widersprüchlichen Verhaltens weder durch die Staatsanwaltschaft noch durch das Gericht mehr aufzuschnüren. Der Einstellungsbeschluss ist kraft Gesetzes nicht anfechtbar, das Strafverfahren vorläufig bis zur Auflagenerfüllung durch den Ex-Politiker eingestellt.

Für Strafrechtler Jahn ist dieses unbefriedigende Ergebnis "der Fluch der bösen Tat". Das Landgericht (LG) und die Staatsanwaltschaft hätten mit ihrer Handhabung der Einstellungsvorschrift des § 153a StPO eine Tür zu einer rechtlichen Grauzone aufgestoßen, die Edathy für seine Zwecke betreten habe. "Im Rahmen einer Einstellung gegen Auflagen nach dieser Vorschrift hätte nach einhelliger Meinung der Kommentatoren kein Geständnis gefordert werden dürfen. Das Gesetz verlangt ausdrücklich nur die Zustimmung des Angeklagten - eben weil eine Einstellung nach § 153a StPO die Unschuldsvermutung unangetastet lässt". Dass die Staatsanwaltschaft Hannover dennoch ein Geständnis verlangt hat, rächt sich laut Jahn nun.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Edathys relativiertes Geständnis : . In: Legal Tribune Online, 02.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14823 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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