Der E-Sport generiert deutschlandweit einen Millionenumsatz, 2019 wohl im dreistelligen Bereich. An der Universität Augsburg haben es sich nun Rechtswissenschaftler zur Aufgabe gemacht, dessen rechtliche Rahmenbedingungen zu erforschen.
Spätestens seit sich Juristen aus aller Welt jährlich im Rahmen der weltweit größten Videospielmesse auf einer Fachveranstaltung treffen, um über E-Sport und Recht zu diskutieren, ist klar: Der Wettbewerb an Computer und Konsole ist aus rechtlicher Perspektive hochspannend – und dennoch kaum erschlossen.
Das ist erstaunlich, wenn man sich seine kulturelle und wirtschaftliche Dimension vor Augen führt. So sind zu einer der bekanntesten E-Sport-Veranstaltungen (IEM Katowice 2018) 169.000 Zuschauer live vor Ort in der Arena gewesen, zu Spitzenzeiten verfolgten 2,2 Millionen Zuschauer gleichzeitig das Event online, insgesamt ist die Übertragung 187 Millionen Mal aufgerufen worden. Zudem wurden über 2 Millionen US-Dollar Preisgelder erkämpft. Das ist ein außerordentlicher Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr, für die diesjährige Auflage des Events in den kommenden Wochen rechnet man mit noch weiterem Wachstum.
Viele unbeantwortete Rechtsfragen
Aufgrund der Bedeutung des E-Sports, die sich in derartigen Veranstaltungen zeigt, haben Forscher an der Universität Augsburg die bundesweit erste Forschungsstelle für E-Sport-Recht (Fesr) gegründet. Geleitet wird sie vom dortigen Zivil- und Arbeitsrechtsprofessor Dr. Martin Maties, der sie zusammen mit seinem Kollegen und Strafrechtler Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel und seinen beiden Doktoranden Nepomuk Nothelfer und Philipp Schlotthauer, beide selbst E-Sport-affin, kürzlich ins Leben rief.
Erklärtes Ziel ist es, die rechtlichen Rahmenbedingungen des E-Sports zu erforschen. Die Augsburger Juristen wollen zahlreiche Rechtsfragen untersuchen, zum Beispiel: Welchen Rechtsstatus und welche Rechte können E-Sportler haben? Welche Bedeutung haben Vermarktungs- und Rundfunkrecht, wenn Turniere per Online-Stream von mehreren Hundert Millionen Zuschauern mitverfolgt werden? Wie kann und soll man "Cheating", also das Täuschen etwa durch den Einsatz unerlaubter Software, in den bereits mit Millionenpreisgeldern dotierten Wettkämpfen unterbinden und sanktionieren? Und verstoßen die sogenannten Lootbox gegen das strafrechtlich abgesicherte Glücksspielverbot? Die Fragen sind vielfältig.
"Als Wissenschaftler reagieren wir damit auf eine zukunftsträchtige Entwicklung"
Die Fesr will deshalb rechtsgebietsübergreifend arbeiten. "Für die Mitarbeit haben wir bereits Juristen aller Rechtsgebiete gewinnen können. So zum Beispiel auch aus dem Bereich des öffentlichen Rechts, für die steuerrechtliche Expertise." Das Zusammenspiel von E-Sport und Recht: "Wer hier nach Antworten auf die zahlreichen Fragen sucht, muss interdisziplinär arbeiten", so Maties.
Die Forschungsstelle soll unabhängige Ansprechpartnerin für Politik, Ministerien, Verbände und Unternehmen sein. Hierzu bauen die Juristen ein umfangreiches Netzwerk auf. So wird zum Beispiel im Mai eine Auftaktveranstaltung mit Gästen und Vortragenden aus Politik, Praxis und rechtswissenschaftlicher Forschung stattfinden. Auch auf der German E-Sport Summit des E-Sport-Bundes Deutschland e.V. werden die Wissenschaftler vertreten sein. Und noch im Februar werden sie in Berlin mit den Zuständigen der einzelnen Bundestagsfraktionen sprechen und an der Anhörung des Sportausschusses teilnehmen. Maties dazu: "Wir wollen wissen, in welche Richtung die Politik die Bereiche E-Sport und Gaming zu lenken versucht. Das hat schließlich immense Auswirkungen auf die Entwicklung der Branche."
Kubiciel ergänzt: "Schon jetzt wirft die Rechtspraxis zahlreiche Fragen auf, die von der Wissenschaft noch nicht beachtet, geschweige denn beantwortet worden sind." Und weiter: "Ein Forschungsgebiet etabliert sich normalerweise erst, nachdem in der Lebenswirklichkeit juristische Probleme sichtbar geworden sind, die sich mit den gängigen Normen und der etablierten Dogmatik nicht gut lösen lassen. Als Wissenschaftler reagieren wir damit auf eine zukunftsträchtige Entwicklung."
Ob Studenten irgendwann mitmachen können?
Juristisches Arbeiten als Student in einem Rechtsgebiet, das aktueller kaum sein könnte? Auf die Frage, ob diese sich auch an der Arbeit der Forschungsstelle beteiligen können, sagt Kubiciel: "Das wäre auf jeden Fall wünschenswert, schließlich dürften die Interessenten in diesem Alter sehr nah am Thema sein, wovon unsere Einrichtung nur profitieren kann."
Einen Schwerpunktbereich im E-Sport-Recht für den universitären Teil der ersten juristischen Prüfung wird es in absehbarer Zeit zwar nicht geben. "Langfristig gesehen stehen die Chancen dafür aber nicht schlecht", meint Kubiciel.
Universität Augsburg: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/33849 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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