2/2: Was die Unis sich von Mathiopoulos versprachen
Wenn das Urteil mit der schriftlichen Zustellung in den nächsten Wochen rechtskräftig wird, sind die Philosophischen Fakultäten der Unis in Braunschweig und Potsdam am Zuge. Sie haben 2011/12 beschlossen, die Mathiopoulos 1995 am Harz und 2002 an der Havel verliehenen Honorarprofessuren abzuerkennen, falls der Bonner Doktortitel entfällt. Der war neben zahlreichen weiteren wissenschaftlichen Veröffentlichungen eine der Voraussetzungen für die ehrenamtliche Berufung zur Professorin.
Diese Rangerhöhung an der TU Braunschweig fiel mit der 250-Jahrfeier der Hochschule zusammen. Mathiopoulos war damals Marketingchefin der staatlichen Norddeutschen Landesbank. Für dieses Fest spendierten die Bank und eine bankeigene Stiftung insgesamt 250 000 D-Mark, wie Uni-Sprecherin Elisabeth Hoffman bestätigt. Bedenken wegen der plagiatsverdächtigen Doktorarbeit seien damals weggewischt worden, erinnert sich ein Mitglied der Berufungskommission, der Historiker Helmut Castritius.
Demgegenüber sprach etwa der renommierte Politikprofessor Claus Leggewie in einem Gutachten vielmehr von "außerwissenschaftlichen" und "hinterhältigen Angriffen" gegen die Wunschkandidatin. Im Gegenteil könne die TU Braunschweig mit Mathiopoulos und ihrem "interessanten und illustren Kreis" von Freunden zu einem "herausragenden Kreuzungspunkt von Politik und Wissenschaft werden." Die Uni habe einen "großen Fisch" an der Angel, den sie sich nicht entgehen lassen solle. Heute erklärt Leggewie indes: "Ohne Umschweife: Mein Gutachten war ein Fehler." Macht jetzt aber nichts mehr.
Kommt es zur Verfassungsbeschwerde?
In Potsdam verwies später auch der Militärhistoriker Bernhard Kroener in seinem Empfehlungsschreiben auf die besonderen internationalen Kontakte von Mathiopoulos, die das Ansehen der Uni nur steigern könnten. Ein Jahr vor der Potsdamer Berufung, 2001, hatte die Frau von Welt zusammen mit dem ehemaligen Generalinspekteur der Bundeswehr Klaus Naumann in Berlin ein Unternehmen zur Politikberatung gegründet, die European Advisory Group.
Die Uni Potsdam verband damit die Idee, neben der Stiftung Wissenschaft und Politik in der Bundeshauptstadt ein "Potsdam Center for Transatlantic Security and Military Affairs" aufzubauen. Von der Politikberaterin Mathiopoulos erhoffte die Uni Forschungsgelder aus dem Bundesverteidigungsministerium, konkret vom damaligen Minister Rudolf Scharping. Aber der verlor Mitte 2002 sein Amt und der Geldsegen blieb aus - Pech gehabt.
Gleichwohl nimmt Mathiopoulos ihre Lehrverpflichtungen bislang weiter wahr. Jetzt erwägen die Anwälte, ob eine Verfassungsbeschwerde nebst Antrag auf einstweilige Anordnung aussichtsreich erscheint. Im günstigsten Falle könnte Mathiopoulos ihre akademischen Titel bis zur endgültigen Klärung weiter tragen.
Hermann Horstkotte, BVerwG zu langjähriger Plagiatsaffäre: . In: Legal Tribune Online, 22.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23260 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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