BVerwG bewilligt 100 Euro pro Monat: Diskriminierte Beamte nur für kurze Zeit zu entschädigen

von Prof. Dr. Holger Zuck

31.10.2014

2/2: Die Vorgaben des EuGH

Mit Inkrafttreten des Gesetzes war eindeutig, dass das die bisherige deutsche Beamtenbesoldung gegen diese Vorschriften verstieß.

Der EuGH stellte das am 19. Juni 2014 (Az. C-501/12 u.a., Specht) fest. Nach dem Urteil ist es mit den Vorgaben der Richtlinie nicht zu vereinbaren, dass sich entsprechend den §§ 27 und 28 BBesG a.F. die Grundgehaltsstufe eines Beamten innerhalb der jeweiligen Besoldungsgruppe bei seiner Einstellung nach seinem Lebensalter richtet.

Die Richter in Luxemburg  entschieden aber auch, dass das Unionsrecht nicht vorschreibt, den diskriminierten Beamten rückwirkend einen Betrag in Höhe des Unterschieds zwischen ihrer tatsächlichen  und der Vergütung nach der höchsten Stufe ihrer Besoldungsgruppe zu zahlen.

Das BVerwG musste nun klären, ob und wie die frühere diskriminierende deutsche Rechtslage zu einer höheren Besoldung, zu Schadensersatz oder einer Entschädigung für die insgesamt 15 klagenden Beamten und Soldaten führt. In einigen Verfahren beanspruchten die Kläger zudem Zahlungen auch für weit zurückliegende Zeiträume .

BVerwG: Geltendes deutsches Recht in Ordnung

Vor diesem Hintergrund sind die Entscheidungen aus Leipzig wenig überraschend. Denn die maßgeblichen Gesichtspunkte waren durch den EuGH und die Rechtsprechung des BVerfG schon zuvor geklärt.

Die Soldaten der Bundeswehr scheiterten mit ihren Klagen schon daran, dass nach einem Ausnahmetatbestand der Richtlinie das Verbot der Diskriminierung wegen einer Behinderung und des Alters nicht für die Streitkräfte gilt.

Die für die übrigen Beamten geltende aktuelle Rechtslage hält das BVerwG für rechtmäßig. Neu eingestellte Beamte werden heute regelmäßig in die erste Stufe eingruppiert. Ihr Grundgehalt steigt anschließend mit ihrer Dienstzeit an. Diese Anknüpfung der Besoldung an die im Dienstverhältnis verbrachte Zeit steht dem Senat zufolge mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang. Die mit der Überleitung verbundene Perpetuierung der bisherigen diskriminierenden Wirkung sei nach dem Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 gerechtfertigt, so der Senat.

Die Entschädigung der Beamten für die frühere diskriminierende Bemessung ihrer Dienstbezüge stützt der Senat auf  § 15 Abs. 2 AGG. Diese Vorschrift räumt bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot wegen des Alters einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf angemessene Entschädigung ein. Als angemessen in diesem Sinne sehen die Richter eine pauschale Entschädigung von 100 Euro monatlich an.

Keine Hochstufung, Entschädigung nur bis zum neuen Recht

Weil die Länder unionsrechtskonforme Überleitungsbestimmungen in Kraft setzten und im August 2006 auch das AGG in Kraft trat, ist der Entschädigungsanspruch aber für die sächsischen Beamten auf den Monat August 2006 beschränkt, die Beamten in Sachsen-Anhalt können immerhin auf Zahlungen von 100 Euro monatlich von August 2006 bis Ende März 2011 hoffen. Danach  habe jeweils das unionsrechtskonforme neue Besoldungsrecht gegolten.

Für bereits nach dem EuGH-Urteil ausgeschlossen halten die Bundesrichter es dagegen, der Beamten in eine höhere oder gar die höchste Stufe der jeweiligen Besoldungsgruppe einzustufen. Denn die unzulässige Benachteiligung wegen des Alters erfasse sämtliche Gruppen von Beamten. Deshalb bestehe kein gültiges Bezugssystem mehr, an das der Anspruch auf Gleichbehandlung anknüpfen könnte.

Dass die lebensaltersabhängige Einstufung des Grundgehalts gegen Unionsrecht und das AGG verstößt, war seit 2006 klar. Die Entscheidungen des BVerwG vom Donnerstag  tragen dennoch zur Rechtsfortbildung bei, weil nun auch die Haftungsfolgen nach nationalem Recht geklärt sind.

Der Autor Prof. Dr. Holger Zuck ist Rechtsanwalt in Stuttgart. Einer seiner Tätigkeits- wie auch Veröffentlichungsschwerpunkte liegt im Beamtenrecht.

Zitiervorschlag

BVerwG bewilligt 100 Euro pro Monat: . In: Legal Tribune Online, 31.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13664 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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