Lexxpress hat gewonnen. Nicht im juristischen Sinne, aber im tatsächlichen: Ab Januar 2016 werden Urteile der Bundesgerichte nicht mehr exklusiv für Juris aufbereitet, sondern auch anderen kommerziellen Weiterverwendern zur Verfügung gestellt.
Der Blick auf die juristischen Eckdaten ist ernüchternd. Klagerücknahme – das klingt zunächst oft genug nach aufgeben. Bei Christoph Schwalb sieht das anders aus. Der Geschäftsführer der Ein-Mann-GmbH Lexxpress aus Gundelfingen hat die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesverfassungsgericht, nach 15 Jahren in die Knie gezwungen. So lange ist es her, dass der Unternehmer seine erste Klage in der Sache anhängig gemacht hatte. Doch worum geht es?
Die Juris GmbH, bisher Marktführer unter den juristischen Online-Informationsdiensten, hat vor über 20 Jahren einen Vertrag mit der Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesjustizministerium (BMJV), geschlossen. Juris war 1985 im Auftrag des Bundes gegründet worden, der Bund hält inzwischen 50,01 Prozent der Anteile.
Bundesunternehmen im privaten Wettbewerb
In dem Vertrag ist ein besonderes Prozedere insbesondere bei der elektronischen Aufbereitung von Gerichtsentscheidungen vereinbart. Danach werden die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), der obersten Bundesgerichte und des Bundespatentgerichts speziell für juris aufbereitet. Am BVerfG etwa werden sie mit Orientierungssätzen und Normenketten versehen. Danach stellt das Gericht sie juris zur Verfügung, wo sie zur Veröffentlichung vorbereitet und in Datenbanken zum Abruf bereit gehalten werden. Juris bietet die Entscheidungen aber auch gegen Entgelt als Einzeldokument oder im Abonnement an und tritt somit in Konkurrenz zu privaten Verlagen wie etwa C.H.Beck, LTO-Konzernmutter* Wolters Kluwer oder eben der Klägerin Lexxpress.
Gegen diese Vereinbarung klagte Lexxpress, juris war in dem Prozess Beigeladene – und Lexxpress bekam vor dem Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg 2013 Recht (Urt. v. 07.05.2013, Az. 10 S 281/12): Die exklusive Belieferung von juris mit Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte sei rechtswidrig, hatten die Mannheimer Richter entschieden. Das BverfG legte Revision ein – darüber zu entscheiden hatte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Az. 7 C 13.13).
Kontrolle des BVerfG - "Da fehlt eine Regelung"
Diese Zuständigkeit war durchaus pikant – hat das BVerwG doch einen Exklusivvertrag mit juris. Lexxpress sah daher die Objektivität der Richter gefährdet; diese hätten ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens. Schwalb stellte einen Befangenheitsantrag gegen alle Richter des Leipziger Gerichts. Auch hierüber entschieden die Richter selbst -und lehnten den Antrag ab (BVerwG, Beschl. v. 29.01.2014, Az. 7 C 13.13).
"Da fehlt tatsächlich eine Regelung", sagt ein Sprecher des BVerwG. Grundsätzlich müsse das nächst höhere Gericht über einen Befangenheitsantrag entscheiden. Doch weder beim BVerwG noch beim BGH gibt es ein solches. So blieb es dabei: Der Befangenheitsantrag war abgelehnt, die Revision lag beim BVerwG. Eine Entscheidung über eine Revision dauert dort rund zwei Jahre. Doch dazu sollte es nicht kommen.
* Klarstellung, dass LTO zu Wolters Kluwer gehört, eingefügt am 02.09., 10:18 Uhr
Tanja Podolski, Juris: Lexxpress gegen BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 01.09.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16771 (abgerufen am: 05.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag