BVerwG zu Auskunftsklagen gegen Bundesbehörden: Informationsanspruch für die Presse direkt aus dem Grundgesetz

von Holger Nieland

21.02.2013

Auskunftsbegehren gegen Bundesbehörden kann die Presse unmittelbar auf das Grundrecht der Pressefreiheit stützen. Obwohl das BVerwG mit seiner Entscheidung vom Mittwoch die Pressefreiheit stärkte, blieb die Klage eines Journalisten gegen den BND erfolglos. Das kann durchaus zu denken geben, kommentiert Holger Nieland.

Ein Journalist hatte vom Bundesnachrichtendienst (BND) Auskunft darüber verlangt, wie viele hauptamtliche und inoffizielle Mitarbeiter der Bundesnachrichtendienst und sein Vorläufer, die Organisation Gehlen, in bestimmten Jahren zwischen 1950 und 1980 hatte und wie viele davon Mitglied der NSDAP, der SS, der Gestapo oder der Abteilung "Fremde Heere Ost" waren.

Die Bundesbehörde teilte mit, dass die Bearbeitung des Antrags noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Daraufhin erhob der Bild-Journalist Untätigkeitsklage beim Bundesverwaltungsgericht. Sein Auskunftsbegehren stützte er auf die entsprechende Vorschrift des Landespressegesetzes Berlin.

Seine Klage hatte zwar keinen Erfolg. Dennoch nutzte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) das Verfahren zu einer Stärkung der Pressefreiheit. Die Leipziger Richter stellten fest, dass der BND als Bundesbehörde zwar nicht den Auskunftsansprüchen der Landespressegesetze unterfalle.

Vielmehr liege die Gesetzgebungskompetenz für Auskunftsansprüche gegen den BND beim Bund – als Annexkompetenz zur Sachmaterie "Bundesnachrichtendienst." Da es derzeit aber keine bundesgesetzliche Regelung für einen presserechtlichen Auskunftsanspruch gibt, leitet der Senat den Auskunftsanspruch unmittelbar aus dem Grundrecht der Pressefreiheit her (BVerwG, Urt. v. 20.02.2013, Az. 6 A 2.12).

Klagbarer Rechtsanspruch

In rechtlicher Hinsicht ist das durchaus eine Besonderheit, sind die Grundrechte doch in erster Linie Abwehrrechte gegenüber dem Staat. Mit der Gewährleistung der Pressefreiheit trage das Grundgesetz aber der besonderen Bedeutung der Presse in einem freiheitlichen demokratischen Staatswesen Rechnung, so das BVerwG. Hieraus folge auch dessen Pflicht zur Erteilung von Auskünften. Fehlt es dazu an einer Regelung des zuständigen Gesetzgebers, sehen die obersten Verwaltungsrichter einen Minimalstandard an Auskunftspflichten als "verfassungsunmittelbar garantiert".

Die Pressefreiheit gewährt dann einen klagbaren Anspruch auf Auskunftserteilung. Auch wenn der Bund seine Gesetzgebungskompetenz nicht nutzt, können Bundesbehörden sich dem Auskunftsanspruch der Presse also nicht entziehen.

Die Klage des Journalisten gegen den BND wurde dennoch abgewiesen. Nach Ansicht des Senats bezieht sich der unmittelbar aus der Pressefreiheit abgeleitete Auskunftsanspruch nur auf Informationen, die bei der Behörde "aktuell vorhanden" sind. Informationen beschaffen hingegen müsse der BND nicht. Der Bundesbehörde, in deren Auftrag eine unabhängige Historikerkommission die NS-Vergangenheit bereits untersuche, stünden "gegenwärtig keine auskunftsfähigen Informationen zur Verfügung".

Auch wenn es nicht erstaunt, dass die Auskunftsverpflichtung nur im Rahmen des tatsächlich Möglichen bestehen, sich also auf "aktuell vorhandene" Informationen beschränkt soll, ruft die offene Formulierung doch leichte Skepsis hervor.

Könnten Bundesbehörden hierin ein Schlupfloch entdecken, um unliebsame Auskunftsbegehren zu umgehen? Ob und inwieweit die Entscheidung des BVerwG diese Tür öffnen könnte, werden allerdings frühestens die Entscheidungsgründe zeigen.

Der Autor Dr. Holger Nieland ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei Damm & Mann in Hamburg.

Zitiervorschlag

Holger Nieland, BVerwG zu Auskunftsklagen gegen Bundesbehörden: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8194 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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