Aus dem Bundestag: Kampf gegen Menschenhändler und Abmahnanwälte

von Thomas Robl und Marek Schadrowski

01.07.2013

2/2: Gegen überzogene Abmahnforderungen und "Moskau Inkasso"

Ein weiteres wichtiges verabschiedetes Vorhaben ist das Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken (BT-Drs. 17/13057, in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung BT-Drs. 17/14192). Damit sollen Verbraucher stärker vor missbräuchlichen Geschäftspraktiken geschützt werden.

Die Selbstinszenierung von "Moskau Inkasso" hatte die Branche teilweise in Verruf gebracht. Der Gesetzgeber will daher für mehr Transparenz sorgen und unterwirft Inkassodienstleister einer Reihe von Pflichten. So müssen sie künftig Rechnungen vorlegen, aus denen klar hervorgeht, für welchen Gläubiger sie arbeiten, wie sich die Inkassokosten berechnen, auf welchem Anspruch der eingeforderte Betrag beruht und wie genau er sich zusammensetzt. Außerdem können die Aufsichtsbehörden schärfere Sanktionen gegen in- und ausländische Inkassodienstleister verhängen und Betriebe ohne Registrierung schließen.

Mehr Verbraucherschutz gibt es auch bei der Telefonwerbung: Maschinelle Werbeanrufe können in Zukunft mit einer Geldbuße geahndet werden. Erhält ein Verbraucher einen unerwünschten Werbeanruf von einer Person, muss diese nun maximal eine Buße von 300.00 statt wie bisher 50.000 Euro befürchten. Außerdem müssen Verträge über Gewinnspiele künftig in Textform geschlossen werden.

Während sich die Fraktionen auf diese Punkte verständigen konnten, herrschte beim urheberrechtlichen Teil weniger Einigkeit. Zwar wollten alle massenhafte Abmahnungen eindämmen, der Opposition geht das Gesetz allerdings nicht weit genug.

Der neue § 97 Abs. 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) legt den Streitwert in Urheberrechtsstreitsachen für den außergerichtlichen Bereich auf 1.000 Euro fest. Das bedeutet, dass Privatpersonen eine Anwaltsgebühr in Höhe von maximal 155,30 Euro in Rechnung gestellt werden kann. Die SPD kritisierte, dass diese Streitwertdeckelung nicht für das gerichtliche Verfahren gilt. Abmahnstreitigkeiten könnten deshalb künftig häufiger vor Gericht gebracht werden, um die Begrenzung zu umgehen. Auch dass § 97 Abs. 3 UrhG eine Ausnahme für besondere Fälle vorsieht, gefällt der Opposition nicht.

Der neue § 104a UrhG schafft außerdem den fliegenden Gerichtsstand für Klagen gegen Verbraucher wegen Urheberrechtsverletzungen im Internet ab. Der Kläger kann sich künftig also nicht mehr das Gericht mit der für ihn günstigsten Rechtsprechung aussuchen. Stattdessen wird für Klagen dieser Art das Gericht am Wohnsitz des Beklagten zuständig sein.

Neue Digitalisierungsmöglichkeiten für Bibliotheken und mehr Open Access

In einem weiteren Punkt reformierten die Parlamentarier das Urheberrecht: Bibliotheken können nun sowohl verwaiste als auch vergriffene Werke digitalisieren (BT-Drs. 17/13423). Eine Urheberrechtsschranke soll das Problem lösen, dass es bei verwaisten Werken keinen Berechtigten gibt, der die notwendigen Rechte einräumen könnte (§§ 61 ff. UrhG). Wenn der Autor eines Werks nicht ermittelt werden kann oder nicht auffindbar ist, kann die Bibliothek das Werk ohne Zustimmung des Urhebers nutzen.

Für vergriffene Werke konnte wegen europarechtlicher Vorgaben eine solche Schranke nicht eingeführt werden. Stattdessen soll die widerlegbare gesetzliche Vermutung, dass eine Verwertungsgesellschaft die Rechte wahrnimmt und einräumen kann, diese Werke für eine Digitalisierung verfügbar machen, § 13d Urheberrechtswahrnehmungsgesetz.

Mit § 38 Abs. 4 UrhG führte der Gesetzgeber außerdem ein unabdingbares Zweitverwertungsrecht für Autoren überwiegend öffentlich geförderter, in wissenschaftlichen Periodika erschienener Beiträge ein. Die Urheber solcher Beiträge können ihre Artikel nach Ablauf einer zwölfmonatigen Frist auf einem Online-Dokumentenserver öffentlich zugänglich machen. Bis zuletzt war umstritten, ob dies tatsächlich den Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen verbessert oder ob damit der "Goldene Weg" – also die primäre Veröffentlichung eines wissenschaftlichen Beitrags in einem Open-Access-Medium – verzögert und behindert wird.

Die Autoren Thomas Robl und Marek Steffen Schadrowski sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Deutschen Bundestag. Thomas Robl ist Doktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin, Marek Steffen Schadrowski promoviert an der Universität Bonn.

Zitiervorschlag

Thomas Robl und Marek Schadrowski, Aus dem Bundestag: . In: Legal Tribune Online, 01.07.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9044 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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