BSG zu Krankenhaus-Vergütungs-Streitigkeiten: Gesetz erhält prak­ti­sche Wirk­sam­keit

von Dr. Anders Leopold

24.06.2015

Bei Streit über Abrechnungen von Krankenhausleistungen sollte schon bisher eine Schlichtung obligatorisch sein. Das BSG verleiht dem praktische Wirksamkeit. Alle Details erklärt Anders Leopold.

Wer als gesetzlich Krankenversicherter im Krankenhaus behandelt werden muss, wird mit den Kosten nicht unmittelbar belastet. Die Träger der Krankenhäuser machen ihre Vergütungsansprüche direkt gegenüber den Krankenkassen geltend. Seit Jahren mehren sich jedoch die Fälle, in denen es zwischen Krankenhausträgern und Krankenkassen zu Meinungsverschiedenheiten über die Abrechnungen kommt.

Gestritten wird über die grundsätzliche Notwendigkeit einer stationären Behandlung des Patienten, deren erforderliche Dauer oder die zutreffende Kodierung von Diagnosen beziehungsweise. vorgenommenen Prozeduren. Gemein haben diese Aspekte vor allem eines: Auswirkungen auf die konkreten Kosten einer Krankenhausbehandlung. Der Umfang und die Komplexität dieser Rechtsmaterie führten dazu, dass sie Gegenstand einer Vielzahl gerichtlicher Auseinandersetzungen geworden ist – mit der Folge einer erheblichen Belastung der Gerichte.

Gesetzlich vorgesehene Schlichtung bleibt wirkungslos

Der Gesetzgeber hat daher bereits 2013 den Versuch unternommen, die Sozialgerichtsbarkeit zu entlasten. Für Streitigkeiten über Abrechnungen bis zu 2000 Euro hat er mit § 17c Abs. 4b des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) ein obligatorisches vorgerichtliches Schlichtungsverfahren eingeführt. In Ausführung dessen sind auf Landesebene Schlichtungsausschüsse einzurichten. Das Gesetz blieb bisher indes weitgehend wirkungslos: Seit Inkrafttreten wurden Schlichtungsausschüsse entweder nicht eingerichtet oder nicht funktionsfähig ausgestaltet. Angesichts dessen hat der Bundestag nachgelegt und im Jahr 2014 ersatzweise die nach § 18a KHG bereits vorhandenen Schiedsstellen zur Wahrnehmung der Schlichtungsaufgabe verpflichtet.

Bisher: Klagen auch ohne Schlichtungsverfahren zulässig

Es war zu erwarten, dass der fehlende Wille in den Ländern, Schiedsstellen einzurichten und sie ihrem Auftrag entsprechend auszustatten, ebenfalls die Sozialgerichtsbarkeit beschäftigen würde. Auf eine Sprungrevision des Sozialgerichts Berlin hat der 3. Senat des BSG im vergangenen Jahr entschieden, dass das Fehlen eines Schlichtungsausschusses auf Landesebene oder dessen Funktionsunfähigkeit einer unmittelbaren Klagerhebung nicht als notwendig einzuhaltende Sachurteilsvoraussetzung entgegengehalten werden dürfe (Urt. v. 8.10.2014, Az: B 3 KR 7/14 R). Dies erfordere die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG). Direkt erhobene Klagen seien daher nicht unzulässig. Bestehe auf Landesebene kein (funktionsfähiger) Schlichtungsausschuss nach § 17c KHG, sei bis zur Errichtung eines solchen die Schiedsstelle nach § 18a KHG zuständig; dies aber auch nur, wenn sie ihre Bereitschaft dazu angezeigt hätte.

Mit dem Jahreswechsel 2014/2015 hat der 3. Senat des BSG infolge einer Neuordnung der Geschäftsverteilung beim BSG indes die Zuständigkeit für Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenhausträgern und gesetzlichen Krankenkassen abgegeben. Der seitdem allein hierfür zuständige 1. Senat des BSG hat nun jüngst auf eine vom Sozialgericht Mainz zugelassene Sprungrevision (Urt. v. 04.06.2014, Az. S 3 KR 645/13) die Gelegenheit erhalten, die nach wie vor strittige Frage erneut einer Klärung zuzuführen.

Zitiervorschlag

BSG zu Krankenhaus-Vergütungs-Streitigkeiten: . In: Legal Tribune Online, 24.06.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15978 (abgerufen am: 05.11.2024 )

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