Weil sich eine medizinische Fachangestellte, die im Krankenhaus in der Patientenversorgung arbeitete, nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollte, wurde sie gekündigt. Das ist zum Schutze der Patienten zulässig, entschied das BAG.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirusgeimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Das urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (Urt. v. 30.03.2023, Az. 2 AZR 309/22).
Die Klägerin arbeitete laut Pressemitteilung des Gerichts seit Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei dem beklagten Krankenhaus und wurde auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie sei nicht bereit gewesen, sich gegen Corona impfen zu lassen und habe entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahrgenommen. Diese hatte das Arbeitsverhältnis laut Gerichtsangaben innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ordentlich fristgemäß gekündigt.
Die Frau zog dagegen vor Gericht und machte geltend, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen.
Kein Verstoß gegen das Maßregelverbot und keine Anwendung des KSchG
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hatte die Klage abgewiesen. Nun hatte auch die Revision der Klägerin vor dem BAG keinen Erfolg. Das LAG habe zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Dieses besagt, dass ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht benachteiligen darf, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das BAG stellte in seinem Urteil fest, dass es im Falle der Klägerin an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers fehlt.
Das wesentliche Motiv für die Kündigung sei nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal gewesen. Dabei sei es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung, ergänzt das BAG.
§ 1 Abs. 1 KSchG sieht vor, dass das KSchG erst nach Ablauf einer sechsmonatigen Wartezeit Anwendung findet. Da diese noch nicht erfüllt war, entscheid der BAG-Senat nicht darüber, ob eine Kündigung wegen fehlender Bereitschaft, sich einer Corona-Impfung zu unterziehen, sozial ungerechtfertigt i.S.v. § 1 KSchG ist.
lp/LTO-Redaktion
BAG hält Kündigung für rechtmäßig: . In: Legal Tribune Online, 13.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51452 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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