BGH zu Fluggastrechten: Air­line muss auch für Ver­spä­tung mit gemie­tetem Flug­zeug zahlen

von Philipp Fabricius

13.09.2017

2/2: Richtlinienkonforme Auslegung: Verantwortlich ist, wer als verantwortlich auftritt

Der BGH stellte dagegen nun klar, dass es bei der Beantwortung der Frage nach dem ausführenden Luftfahrtunternehmen nicht darauf ankommen könne, ob eine Maschine mit Personal von einer anderen Airline gemietet worden sei. Dies folge bereits aus dem Erwägungsgrund 7 der Fluggast-VO selbst. Danach sollen die Verpflichtungen nach der Verordnung im Interesse einer wirksamen Anwendung dem ausführenden Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug durchführt - und zwar unabhängig davon, ob der Flug mit einem eigenen Luftfahrzeug oder mit einem (mit oder ohne Besatzung) gemieteten Luftfahrzeug oder in sonstiger Form durchgeführt wird.

Diese Argumentation verdient volle Zustimmung. Ausweislich des Wortlauts des Erwägungsgrund 7 der Fluggast-VO wollte der Verordnungsgeber den Fluggast vor Einwendungen der Airlines aufgrund interner und für den Gast damit nicht ersichtlicher Vereinbarungen schützen. Unabhängig davon, wer den Flug wie tatsächlich durchführt, sollen die mit der Fluggastrechte-VO geschaffenen Verpflichtungen ausschließlich demjenigen Luftfahrtunternehmen obliegen, das einen Flug für den Fluggast in erkennbarer Weise durchführt.

Der Verordnungsgeber hat damit deutlich zwischen der Durchführung des Fluges nach außen gegenüber dem Flugpassagier und der rein internen Abwicklung des Flugs differenziert und somit die Einwendungsmöglichkeiten der Airlines in klarer Weise beschränkt. Erkennbar sollte verhindert werden, dass sich das Luftfahrtunternehmen gegenüber dem Fluggast darauf berufen darf, dass es den Flug aufgrund der Anmietung eines Flugzeugs mit Bordpersonal von einer weiteren Airline gar nicht durchgeführt habe. Diese Beweggründe belegt auch die entsprechende Benennung der Wet-Lease-Vereinbarungen, die sich in der englischen sowie der französischen Fassung der Fluggastrechte-VO findet.

Rechtssicherheit für Passagiere

Des Weiteren sei, so der BGH, das vermietende Luftfahrtunternehmen möglicherweise rein praktisch auch gar nicht dazu in der Lage, vor Ort die nach der Fluggast-VO vorgesehenen Unterstützungs- und Ausgleichsleistungen gegenüber dem Fluggast zu erbringen und damit den Verpflichtungen eines ausführenden Luftfahrunternehmens nachzukommen. Im Sinne der Anwendbarkeit der Fluggastrechte-VO müsse daher die gebuchte Airline verpflichtet bleiben.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Verordnung (EG) Nr. 2111/2005 in Erwägungsgrund 13 Wet-Lease-Vereinbarungen als Beispiel dafür anführt, dass die von dem Flugpassagier gebuchte Airline den Flug nicht selbst durchführe. Die Unterrichtungspflicht über die Identität des ausführenden Luftfahrtunternehmens nach Art. 11 Abs. 1 diene hauptsächlich der Information über potenzielle Sicherheitsrisiken und damit anderen Belangen als die Fluggastrechte-VO, argumentieren die Karlsruher Richter.

Mit der Entscheidung hat der BGH im Sinne des Verordnungsgebers die bislang kontrovers diskutierte Frage der Entschädigungspflicht bei Wet-Lease-Verträgen zugunsten des Fluggastes entschieden. Dieser kann sich nun allein an diejenige Airline halten, die für ihn auch erkennbar den Flug durchgeführt hat, in aller Regel also die Fluggesellschaft, bei der er seinen Flug gebucht hat. Aus juristischer Sicht darf man aber auch den Urteilsgründen, welche wohl innerhalb der nächsten Wochen veröffentlicht werden, gespannt entgegensehen.

Der Autor Philipp Fabricius ist Rechtsanwalt der Anwaltsboutique haas und partner mit Sitz in Bochum, Düsseldorf und Zürich. Er berät u.a. ein Fluggastentschädigungsportal bei der Durchsetzung von Fluggastrechten.

Zitiervorschlag

BGH zu Fluggastrechten: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24503 (abgerufen am: 07.11.2024 )

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