2/2: Knackpunkt: Buchung bei "Reiseleitung"
Die Vorinstanzen waren der Auffassung, dass Alltours den Ausflug nicht in eigener Verantwortung veranstaltet, sondern die Tour nur vermittelt habe. Der Hinweis auf die Vermittlerrolle der Beklagten, dazu verbunden mit der Buchungsmöglichkeit mittels einer bulgarischen Mailadresse, sei für einen objektiv urteilenden Reisenden Anzeichen genug, den Zusatzausflug als Fremdleistung zu erkennen.
Zu Recht folgte der für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des BGH nicht dieser Auffassung. Für die Frage, ob das Reiseunternehmen nur als Vermittler tätig wird oder die eigenverantwortliche Stellung als Vertragspartner einnimmt, kommt es auf den Gesamteindruck an, den ein objektiv urteilender Reisender bei der Buchung des Ausflugs gewinnt. Hiernach hat der Veranstalter Alltours die Stellung eines Vertragspartners auch für den Zusatzausflug eingenommen. Bereits das Einfügen des Ausflugsprogramms in eine Begrüßungsmappe mit dem eigenen Logo und die Überschrift "Ihr Ausflugsprogramm" erweckten den Eindruck, das es sich um eine buchbare Reiseleistung im Rahmen der Gesamtreise handele, die ebenfalls vom Reiseveranstalter eigenverantwortlich organisiert werde, so der BGH.
Ganz entscheidend für den Eindruck der Eigenverantwortlichkeit war dabei nach Ansicht des Gerichts die Aufforderung, den Ausflug bei der Reiseleitung des Veranstalters zu buchen. Gerade dieser Umstand, dass der Ausflug bei der Reiseleitung des Veranstalters gebucht und bezahlt worden ist, ist bei allen unter Reiserechtlern bekannten Entscheidungen zu ähnlichen Fällen das wichtigste Indiz für eine Eigenleistung.
Bulgarische Mailadresse schadet dem Gesamteindruck nicht
Hinter diesem tatsächlichen Auftreten des Veranstalters gegenüber dem Urlauber tritt der lediglich formale Hinweis im Kleingedruckten, dass der Ausflug vom Reiseveranstalter nur vermittelt werde, wegen der kleinen Schriftgröße und seiner Positionierung unter den Haupttext zurück. Auch die weitere Buchungsmöglichkeit mit der bulgarischen Mailadresse schafft hier keine Abhilfe: Für den Reisenden ist nach richtiger Einschätzung des BGH jedenfalls nicht eindeutig ein anderer Vertragspartner als der Reiseveranstalter zu erkennen.
Wer als solcher den Eindruck erweckt, der Zusatzausflug sei Teil seines Programms, kann sich nicht durch eine Vermittlerklausel in seinen Geschäftsbedingungen seiner Haftung als Veranstalter entziehen. § 651a II BGB wiederholt an sich nur den allgemeinen Rechtsgrundsatz des „venire contra factum proprium“, wonach ein Widerspruch zwischen Erklärung und dem übrigen Verhalten unbeachtlich ist. Dass der BGH den Fall zur Klärung der Unfallumstände deshalb zurück an das Berufungsgericht verwiesen hat, entspricht damit der gängigen Rechtsprechung.
Der Autor Prof. Dr. Ernst Führich beschäftigt sich seit über 25 Jahren im Schwerpunkt mit Reiserecht und ist Verfasser der Werke "Reiserecht", 7. Auflage 2015 sowie "Basiswissen Reiserecht", 3. Auflage 2015.
BGH zu Haftung bei Ausflügen im Urlaub: . In: Legal Tribune Online, 13.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18122 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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