Wer eine Internetadresse schnell eingibt, der kann sich schon mal vertippen – so wird aus wetteronline.de dann wetteronlin.de. Das machen sich manche Betreiber zunutze, indem sie Domains registrieren, die geringfügige Abweichungen gegenüber bekannten Seiten beinhalten. Die Behandlung dieser Praxis durch die Instanzgerichte, und das am Mittwoch ergangene Urteil des BGH, kommentiert Thomas Engels.
Aus Sicht von Markeninhabern und Webseitenbetreibern sind Domaingrabber ein lästiges Übel. Gleichlautende Domains oder auch solche mit beschreibenden Zusätzen werden von Dritten registriert und dem eigentlich Berechtigten zu völlig überhöhten Preisen zum Kauf angeboten. Oftmals verstecken sich die Domaingrabber hinter fiktiven Adressen oder auf abgelegenen Inselstaaten und können nur schwer dingfest gemacht werden. Eine beliebte Spielart dieses Domaingrabbings ist das sogenannte Typosquatting, bei dem Domains blockiert werden, die im Vergleich zum "Original" Tippfehler enthalten und daher von einer Vielzahl von Internetnutzern versehentlich angesteuert werden.
Im durch den Bundesgerichtshof (BGH) zu entscheidenden Fall ging es um die Domain "wetteronlin.de", durch deren Registrierung die Betreibergesellschaft der Domain "wetteronline.de" sich in ihren Rechten verletzt sah. Diese hatte ihre eigene Domain bereits 1996 registrieren lassen und zudem in 2001 die Wort-/Bildmarke "WetterOnline" angemeldet.
Zwar waren unter wetteronlin.de keine Wettervorhersagen abrufbar, sondern Angebote zur privaten Krankenversicherung. Dennoch gaben die beiden ersten Instanzen dem Wetterdienst recht und verurteilten den Inhaber der Tippfehlerdomain zur Freigabe des Domainnamens.
Wettervorhersage gegen private Krankenversicherung
Das Landgericht (LG) Köln hatte sich in seinem Urteil zunächst mit der Frage auseinandergesetzt, ob die unter der Domain abrufbaren Inhalte eine Markenverletzung darstellten. Dies wurde im Ergebnis verneint, da die beworbenen Leistungen – Wetter und Krankenversicherungen – zu weit auseinanderlagen, um noch als miteinander verwechslungsfähig zu gelten (Urt. v. 09.08.2011, Az. 81 O 42/11).
Eine Wettbewerbsverletzung hingegen hat das LG – und später auch das Oberlandesgericht (OLG) – Köln bejaht. Eine solche kann zwar grundsätzlich nur dann vorliegen, wenn zwei Unternehmen als Mitbewerber anzusehen sind, also prinzipiell um die gleichen Kunden konkurrieren. Dies führt oftmals dazu, dass eine gewisse Branchennähe erforderlich ist, die zwischen Wettervorhersagen und Krankenversicherungen jedoch nicht existiert. Hier sah es das LG aber als ausreichend an, dass beide Domains um die gleichen Besucher konkurrieren, wenn nämlich die Tippfehlerdomain darauf aus ist, diejenigen Kunden abzufangen, die eigentlich zur "richtigen" Domain gelangen wollten.
Auch sei die Registrierung eine Namensrechtsverletzung. Obgleich der Begriff "wetteronline" einen stark beschreibenden Charakter besitze, sei er dennoch als Firmenschlagwort der Betreibergesellschaft anzusehen, die den Begriff auch in ihrer Firmierung führt. Mittels dieser beiden rechtlichen Hebel wurde der Typosquatter zur Löschung seiner Domains verurteilt.
Auch in der zweiten Instanz unterlag er. Das OLG Köln betonte in seinem Urteil insbesondere, dass namens- und markenrechtliche Ansprüche parallel geltend gemacht werden können. Zwar habe das Markenrecht grundsätzlich Vorrang vor dem Namensrecht. Hier liege die Rechtsverletzung jedoch nicht in der Verwendung der Domain für ähnliche Dienstleistungen, sondern in der bloßen Registrierung der Domain, mit der Folge, dass diese Registrierung als abstrakte Namensrechtsverletzung ausreiche, um die Verurteilung auch aus diesem Grund zu begründen (Urt. v. 10.02.2012, Az. 6 U 187/11).
BGH zu Tippfehlerdomains: . In: Legal Tribune Online, 22.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10743 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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