Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen: Gesetzentwurf sagt nicht nur korrupten Ärzten den Kampf an

von Dr. Oliver Kraft und Dr. Julia Lange, LL.M. (Virginia)

06.02.2015

2/2: Justizminister plant weitergehenden Gesetzentwurf

Auch der Koalitionsvertrag sieht die Schaffung eines Straftatbestandes der Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen vor. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) ist derzeit mit der Vorbereitung eines entsprechenden Gesetzentwurfs befasst. Im Zuge dessen wurde am 27. Januar 2015 in Fachkreisen der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen vorgelegt.

Dieser unterscheidet sich hinsichtlich der mit Strafe bedrohten Tathandlungen nicht von dem bayerischen Gesetzentwurf.

Jedoch geht der Referentenentwurf des BMJV hinsichtlich der auf der Nehmerseite betroffenen Berufsgruppen über den bayerischen Gesetzentwurf hinaus und erfasst alle Heilberufe, die für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordern. Ausweislich der Entwurfsbegründung wären von dieser Regelung neben den akademischen Heilberufen auch die sogenannten Gesundheitsfachberufe (z.B. Krankenpfleger und Physiotherapeuten) betroffen.

Im Unterschied zu dem Entwurf Bayerns soll der neue § 299a StGB nach Vorstellung des BMJV als sogenanntes relatives Antragsdelikt ausgestaltet werden. Das bedeutet, dass Taten nach dieser Vorschrift nur auf Antrag oder bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses verfolgt werden könnten. Antragsberechtigt sollen einerseits die Verletzten selbst sein, also benachteiligte Wettbewerber, Krankenkassen und Patienten, andererseits auch die berufsständischen Kammern.

Betroffene sollten sich schon jetzt auf die Neuregelung einstellen

Die Annahme von Vorteilen als Gegenleistung für die bevorzugte Verordnung bestimmter Medikamente oder die Überweisung von Patienten in bestimmte Krankenhäuser ist nicht nur ethisch fragwürdig, sondern bereits heute sozial- und berufsrechtlich verboten und zum Beispiel mit Bußgeld und Berufsverbot sanktionierbar.

Zudem besteht in Öffentlichkeit und Politik weitgehend Einigkeit darüber, dass ein solches Verhalten auch mit den Mitteln des Strafrechts unterbunden werden sollte. Die sozial- und berufsrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten werden insoweit als nicht ausreichend angesehen. Denn zum einen erfassen sie nur eine Seite, nämlich die den Vorteil annehmenden Ärzte, nicht jedoch die den Vorteil gewährenden Pharmaunternehmen. Zum anderen fehlt es den zur Durchsetzung der sozial- und berufsrechtlichen Verbote berufenen Stellen an geeigneten Ermittlungsbefugnissen (z.B. zur Durchsuchung und Beschlagnahme).

Es besteht daher kein Zweifel, dass ein Gesetz, welches die Strafbarkeit der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen umfassend regelt, in absehbarer Zeit verabschiedet werden wird. Die betroffenen Personen, Einrichtungen und Unternehmen sollten sich deshalb schon jetzt auf die anstehende Neuregelung einstellen und entsprechende Präventionsmaßnahmen ergreifen. Diese bestehen mindestens in der Implementierung eines neuen bzw. der Anpassung eines bestehenden Compliance-Systems und in dem Angebot von bzw. der Teilnahme an entsprechenden Schulungen.

Im Zweifel sollten Ärzte und Angehörige anderer Heilberufe auf die Annahme und die Gewährung aller Vorteile verzichten, bei denen auch nur der Anschein einer unlauteren Beeinflussung von Behandlungsentscheidungen entstehen könnte.

Der Autor Dr. Oliver Kraft ist Partner, die Autorin Dr. Julia Lange, LL.M. (Virginia), ist Anwältin bei der Kanzlei Kapellmann und Partner Rechtsanwälte mbB in Mönchengladbach. Sie beraten Individualpersonen und Unternehmen in allen Bereichen des Wirtschaftsstrafrechts und der strafrechtlichen Compliance.

Zitiervorschlag

Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen: . In: Legal Tribune Online, 06.02.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14613 (abgerufen am: 04.11.2024 )

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