Fußballvereine können Geldstrafen wegen Ausschreitungen an die randalierenden Fans weiterreichen. Das entschied der BGH am Donnerstag. Es geht um Summen, die für Privatpersonen den Ruin bedeuten können.
Fans tragen ihren Verein. Es ist nicht zuletzt ihre Stimmung, die die Mannschaft zum Sieg führen kann. Oft sind diejenigen unter ihnen, die Böller werfen, besonders überzeugte Anhänger ihres Clubs. Und oft sind sie im Rauch der Bengalos und dem Gedränge der Tribüne schwer zu identifizieren.
Experten zufolge sind diese Identifikationsschwierigkeiten einerseits und die Sorge vor einer getrübten Stimmung im Stadion andererseits die beiden wichtigsten Gründe, warum die Vereine lange Zeit zögerten, Regressansprüche gegen ihre eigenen Anhänger geltend zu machen. Aber immer mehr Clubs versuchten in den vergangenen Jahren, krawallbedingt gegen sie verhängte Strafen an die Randalierer weiterzugeben.
Nun können sie sich auf eine erste bundesgerichtliche Entscheidung stützen. Ein Zuschauer, der bei einem Zweitliga-Heimspiel des 1. FC Köln einen Böller gezündet hatte, der sieben Menschen verletzte, muss dem Verein die Verbandsstrafe erstatten, welche das Sportgericht des Deutschen Fußballbunds (DFB) gegen ihn verhängt hat. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 22.09.2016, Az. VII ZR 14/16*).
Vereine haften verschuldensunabhängig für ihre Fans
Gemäß § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB sind Vereine und Tochtergesellschaften für das Verhalten ihrer Mitglieder, Anhänger und Zuschauer verantwortlich. Sie haften im Stadionsbereich für Zwischenfälle jeglicher Art. Auf Grundlage dieser verschuldensunabhängigen Haftung verfolgt der DFB eine zunehmend strengere Bußgeldpolitik.
In der abgelaufenen Saison 2015/2016 waren Spitzenreiter bei solchen Geldstrafen der VfL Wolfsburg mit 102.000 Euro, Eintracht Frankfurt mit 95.000 Euro und der Hamburger SV (74.000 Euro). In der 2. Liga mussten Eintracht Braunschweig (56.000) und Fortuna Düsseldorf (55.000) am meisten bezahlen.
Die Höhe der Verbandsstrafe orientiert sich an der Leistungsfähigkeit der Fußballclubs. Das war eins der Argumente, das gegen eine Regressmöglichkeit der Clubs gegenüber den Fans eingewandt wurde: Bußgelder, die für einen Verein angemessen sind, können für Privatpersonen schnell den finanziellen Ruin bedeuten.
Dennoch hat zum Beispiel Hannover 96 schon mehrfach versucht, Geldstrafen für das Fehlverhalten von Fans zurückzuholen. Teilweise mit Erfolg. Beim Europa-League-Spiel in Kopenhagen hatte im November 2011 ein 96-Anhänger Pyrofackeln entzündet, ein anderer war als Flitzer auffällig geworden. Die UEFA verhängte eine Strafe von 15.000 Euro gegen den damaligen Bundesligisten, der Club erhielt vor Gericht einmal 6.000 Euro und einmal 2.500 Euro von den Fans zurück. 2014 sorgte eine schwere Böller-Attacke beim Match in Wolfsburg für Aufsehen. Hannover wurde zu einer Geldstrafe von 50.000 Euro verdonnert und verklagte den Chinaböller-Werfer auf 20.000 Euro Schadenersatz.
*Anm. d. Red.: Aktenzeichen nach red. Versehen korrigiert am 23.09.2016, 9:33 Uhr
Pia Lorenz, BGH gibt 1. FC Köln Recht: . In: Legal Tribune Online, 22.09.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20663 (abgerufen am: 01.11.2024 )
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