2/2 Kein Mindestpreis für den Pharmagroßhandel
Der BGH hat nun entschieden, dass pharmazeutische Großhändler nicht verpflichtet sind, bei der Abgabe von Rx-Arzneimitteln an Apotheken einen Mindestpreis zu erheben – und damit das erstinstanzliche Urteil des LG Aschaffenburg wiederhergestellt.
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV lege für die Abgabe von Rx-Arzneimitteln mit den dort vorgesehenen Großhandelszuschlägen eine Preisobergrenze, aber keine preisliche Untergrenze fest. Das ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut der Vorschrift selbst ("darf … höchstens … erhoben werden") als auch aus dem Vergleich mit dem abweichenden Wortlaut der Bestimmung zu Apothekenzuschlägen für Fertigarzneimittel in § 3 Abs. 2 Nr. 1 AMPreisV ("… ist zu erheben …").
Der Großhandel sei danach nicht verpflichtet, einen entsprechenden Mindestpreis zu beanspruchen. Er könne deshalb nicht nur auf den in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV genannten preisabhängigen Zuschlag, sondern auch auf den Festzuschlag von 70 Cent ganz oder teilweise verzichten.
Auch wenn die Urteilsgründe noch nicht vorliegen, überrascht die Entscheidung des BGH. Zwar wurden die beiden Urteile der Vorinstanzen in der juristischen Literatur durchaus kontrovers diskutiert. Streitig war aber insbesondere die Frage, ob Skonti nur ein Unterfall von Rabatten sind oder ob sie als eine echte Gegenleistung der Apotheken, nämlich die Zahlung vor Fälligkeit, anzusehen und deshalb bei der Frage der zulässigen Rabatthöhe nicht zu berücksichtigen sind. Ebenfalls diskutiert wurde, ob Großhändler Skonti nur zu marktüblichen Konditionen gewähren dürfen – die in der gegenwärtigen Niedrigzinsphase jedoch nicht besonders großzügig ausfallen dürften.
Gesetzgeber wollte mit dem Festzuschlag Mindestpreis sichern
In einem Punkt herrschte jedoch weitgehend Einigkeit: Auf den in § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV geregelten Festzuschlag könnten die Großhändler weder ganz noch teilweise verzichten. Dies entspricht auch dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers, den er zuletzt nochmals in dem der Neuregelung der AMPreisV zum 1. Januar 2012 zugrunde liegenden Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz – AMNOG) bekräftigt hat (BT-Dr. 17/2413 vom 06.07.2010, S. 36). Darin hat er unmissverständlich ausgeführt, dass der Festzuschlag als preisunabhängiger Bestandteil des Großhandelszuschlags nicht rabattfähig sei.
Damit sollte insbesondere sichergestellt werden, dass der Großhandel eine angemessene und flächendeckende Belieferung der Apotheken sicherstellen kann. Der Entwurf wurde im Wesentlichen unverändert als Beschluss des Ausschusses in den Bundestag eingebracht und dort mit einem prozentualen Zuschlag von 3,15 Prozent und einem Festzuschlag von 70 Cent beschlossen (BT-Dr. 17/3698 vom 10.11.2010, S. 36).
Da § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV nach Ansicht des BGH keine preisliche Untergrenze festlegt, mussten die Karlsruher Richter die in den Vorinstanzen streitige Frage, ob Skonti anders als Rabatte zu bewerten sind, letztlich nicht beantworten. Als Fazit der Entscheidung des BGH bleibt festzuhalten, dass ein Preiswettbewerb nur auf der letzten Handelsstufe, also der Abgabe von Rx-Arzneimitteln in der Apotheke an die Patienten zulasten der gesetzlichen Krankenkassen, ausgeschlossen sein soll. Pharmagroßhändlern bleibt dagegen auch weiterhin ein Spielraum bei der Gestaltung ihrer Konditionen.
Der Autor Dr. Thomas Utzerath ist Rechtsanwalt in der Kanzlei KLEINER Rechtsanwälte in Düsseldorf. Als Mitglied des Healthcare-Teams bei KLEINER berät und vertritt er insbesondere Unternehmen aus der Arzneimittel- und Medizinproduktebranche.
BGH zu Arzneimittelpreisen: . In: Legal Tribune Online, 06.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24869 (abgerufen am: 07.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag