Gemeinnützige Organisationen werden oft verdächtigt, politische Akteure zu sein. Dies kann zum Entzug des Gemeinnützigkeitsstatus' führen. Die Rechtsprechung ist nach einem aktuellen BFH-Urteil auf ihrer Seite, erklärt Manfred Lehmann.
Immer wieder wird diskutiert, ob und in welchem Umfang gemeinnützige Träger an der politischen Meinungsbildung teilnehmen dürfen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 20. März dieses Jahres eine Entscheidung des Finanzgerichts (FG) Hamburg zu Lasten einer gemeinnützigen Organisation aufgehoben (Az. X R 13/15). Die Entscheidungsgründe sind durchaus richtungsweisend und sollen nachfolgend skizziert werden.
Im Jahr 2012 hatte die Umweltschutzorganisation BUND e.V (BUND) die (nicht gemeinnützige) Volksinitiative "Unser Hamburg – Unser Netz e.V." unterstützt. Diese setzte sich für die vollständige Übernahme der Hamburger Verteilnetze für Strom, Gas und Fernwärme durch die Öffentliche Hand ein. Das zuständige Finanzamt bezweifelte die steuerliche Abzugsfähigkeit der hierfür gesammelten Spenden, weil hierdurch nicht satzungsgemäße Zwecke gefördert, sondern eine politische Betätigung des BUND finanziert worden sei.
Durch die (Mit-)Organisation eines Volksbegehrens werde nach Auffassung des Finanzamtes der Satzungszweck "Umwelt- und Naturschutz" nicht unmittelbar gefördert. Auf diese Frage ging das FG Hamburg in seinem Urteil allerdings gar nicht ein, sondern wies die Klage des BUND ab, weil er die Spenden nicht zeitnah verwendet haben soll (Urt. v. 25.2.2015, Az. 5 K 135/12).
Politisch, aber nicht parteipolitisch
Der BFH verwarf nicht nur diese Begründung, sondern nahm auch zur vom Finanzamt vorgetragenen Finanzierung politischer Aktivitäten Stellung: "Jedenfalls auf der Grundlage des derzeitigen […] Streitstoffs kann der Senat nicht zu dem Ergebnis kommen, dass diese Erwägungen des Finanzamtes tragfähig sind".
Äußerungen, die zwar in dem Sinne als "politisch" anzusehen seien, als sie das Gemeinwesen beträfen, jedoch zugleich parteipolitisch neutral blieben, stünden der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft nicht grundsätzlich entgegen, so die Richter. Der BFH konnte keine Gesichtspunkte erkennen, dass der BUND mit der Unterstützung der Volksinitiative seine parteipolitische Neutralität verletzt habe.
Auslöser einer ähnlichen Diskussion war im Oktober 2014 der Entzug der Gemeinnützigkeit gegenüber Attac durch die hessische Finanzverwaltung gewesen. 2016 gab das Hessische Finanzgericht der dagegen gerichteten Klage von Attac vollumfänglich statt (Urt. v. 10.11.2016, Az.: 4 K 179/16). Trotz dieses eindeutigen Richterspruchs hatte das Frankfurter Finanzamt auf Weisung des Bundesfinanzministeriums beim BFH Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Damit ist das Urteil vom November 2016 noch nicht rechtskräftig.
BFH entscheidet zugunsten gemeinnütziger Organisationen: . In: Legal Tribune Online, 18.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24015 (abgerufen am: 25.11.2024 )
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