Es bleibt bei den strengen Regelungen für die Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers, entschied der BFH. Gemischt genutzte Räume sind weiterhin nicht absetzbar, auch nicht teilweise, wie Dennis Klein erläutert.
Home Office und flexible Arbeitszeiten sind in der heutigen Arbeitswelt verbreitet und lassen die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen. Viele Bürger erledigen einen Teil ihrer Arbeit von zu Hause. Warum dann nicht auch die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer steuerlich absetzen? Immerhin werden ja auch die Wege zur Arbeit mittels Kilometerpauschale berücksichtigt.
An ein häuslichen Arbeitszimmers stellt das Steuerrecht indes hohe Anforderungen. Kern der Regelung ist § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Einkommensteuergesetz (EStG), wonach ein häusliches Arbeitszimmer grundsätzlich nicht absetzbar ist. Ausnahme: Für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung oder das Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten beruflichen oder betrieblichen Tätigkeit.
Umstritten: Steuerberücksichtigung bei gemischter Nutzung
Umstritten war aber bislang die Frage, ob häusliche Arbeitszimmer auch gemischt genutzte Räume sein können. Etwa ein Zimmer mit Schreibtisch, das von Zeit zu Zeit auch als Gästezimmer dient. Zumindest der berufliche Nutzungsanteil könnte dann ja absetzbar sein.
Da diese Frage auch vor dem Bundesfinanzhof (BFH) ungeklärt war, hat nunmehr der Große Senat in einem jetzt veröffentlichten Beschluss entschieden (v. 27.07.2015, GrS 1/14). Er hat sich hierbei der strengen Ansicht des Fiskus angeschlossen: Nur wenn der Raum (nahezu) ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird, kommt eine Absetzbarkeit ausnahmsweise in Betracht. So kann beispielsweise ein Rechtsanwalt die Kosten absetzen, wenn er seine Kanzlei innerhalb seines privaten Wohnhauses in abgetrennten Räumen betreibt.
Bei gemischter Nutzung hat der Steuerzahler hingegen keine Chance. Erst recht bleiben Arbeitsecken, Multifunktionsräume oder Durchgangsräume komplett ausgeschlossen.
Objektives Nettoprinzip vs. private Lebensführung
Bei der Frage der Absetzbarkeit konkurrieren zwei Besteuerungsprinzipien miteinander. Auf der einen Seite steht das objektive Nettoprinzip, wonach von den Einnahmen alle Aufwendungen abzuziehen (§ 2 Abs. 2 EStG). Der Fiskus darf also nur auf den verbleibenden Gewinn oder den Überschuss des Steuerbürgers zugreifen. Wenn ein Steuerpflichtiger einen Raum zum Arbeiten und damit zur Erzielung von Einnahmen nutzt, müsste er also eigentlich die damit verbundenen Ausgaben abziehen dürfte.
Als weiteres Besteuerungsprinzip ist aber auch das Abzugsverbot für Privatausgaben zu beachten. Nach § 12 Nr. 1 EStG darf ein Steuerpflichtiger die für seinen Haushalt und seine private Lebensführung aufgewendeten Beträge grundsätzlich nicht abziehen. Sein Privatleben hat man aus dem bereits versteuerten Einkommen zu bestreiten. Grund ist die horizontale Steuergerechtigkeit, wonach die steuerlichen Lasten einigermaßen gerecht unter den Bürgern nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu verteilen sind. Die Kosten der privaten Lebensführung soll man deshalb nicht auf die Allgemeinheit abwälzen können.
Das häusliche Arbeitszimmer liegt gerade an der Schnittstelle dieser beiden Sphären. Zum einen gehört es zum Haushalt und ist damit privat. Zum anderen dient es der Erzielung von Einkünften und müssten nach dem objektiven Nettoprinzip absetzbar sein.
2/2: Steuerliches Aufteilungs- und Abzugsverbot
Der Fiskus zeigte lange Zeit eine sehr restriktive Handhabung. Es galt das auch von der Rechtsprechung akzeptierte komplette Aufteilungs- und Abzugsverbot, wenn sich private Lebensführung und Erwerbssphäre nicht eindeutig trennen ließen. Wenn Ausgaben auch nur teilweise privat veranlasst waren, durften sie überhaupt nicht berücksichtigt werden. Danach darf etwa ein Bankmitarbeiter seinen Anzug steuerlich nicht absetzen, denn er kann ihn ja auch privat tragen.
Dieses strenge Aufteilungs- und Abzugsverbot hat die Rechtsprechung vor Jahren gelockert. Damals hatte ein Steuerpflichtiger eine berufliche Fortbildungsreise um einige private Urlaubstage verlängert. Das Finanzamt verweigerte den Abzug der Fortbildungskosten, da die Reise auch privaten Zwecken gedient habe und wegen dieser Vermischung überhaupt nicht mehr absetzbar sein. Wiederum der Große Senat des BFH entschied 2009, dass eine Kostenaufteilung in einen privaten und einen zu berücksichtigenden beruflichen Anteil vorzunehmen sei, wenn hierfür objektive Kriterien vorliegen (Beschl. v. 21.09.2009, GrS 1/06).
Seitdem war eine häufigere Berücksichtigung gemischt veranlasster Aufwendungen erkennbar. Darum keimte auch Hoffnung hinsichtlich der gemischt genutzten Arbeitszimmer auf. Diesen Dammbruch aus Sicht des Fiskus hat der BFH nun aber verhindert. Ausschlaggebend war die Erwägung, dass die Aufteilung in private und berufliche Arbeitszimmernutzung objektiv kaum möglich und noch weniger nachprüfbar ist. Im Gegensatz etwa zu einem Fahrtenbuch lasse sich ein "Nutzenbuch" des Arbeitszimmers nicht durch andere Informationen abgleichen.
Grundrechtsschutz verkehrt sich quasi in einen "Nachteil"
Wegen der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Grundgesetz seien den Finanzbehörden nämlich weitgehend die Hände gebunden, die Behauptungen der Steuerpflichtigen zu den beruflichen Nutzungsanteilen zu überprüfen. Überspitzt gesagt kehrt sich hier der Grundrechtsschutz zu Lasten des Bürgers um: Weil seine Privatsphäre besonders geschützt ist, misstraut der Staat den Angaben und lässt gar keinen Abzug zu.
Für die Bürger bleibt es also bei der bisherigen Rechtslage. Findigen Steuerpflichtigen bleiben aber Auswege und Alternativen: Ein außerhäusliches Arbeitszimmer bleibt komplett abziehbar. Dazu reicht schon ein Raum außerhalb der eigenen Wohnung, etwa auf einer anderen Etage aus. Und die Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer betrifft nur den Raum selbst. Die Arbeitsmittel wie Schreibtisch, Computer oder Büromaterial sind sowieso eigenständig abziehbar.
Der Autor Prof. Dr. Dennis Klein ist Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht sowie Rechnungslegung an der Leibniz-Fachhochschule in Hannover und zugleich Steuerberater, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht in Toppenstedt bei Hamburg.
Prof. Dr. Dennis Klein, Strenge Regeln für häusliches Arbeitszimmer bleiben: BFH verhindert Dammbruch für den Fiskus . In: Legal Tribune Online, 29.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18307/ (abgerufen am: 18.07.2024 )
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