Arbeitsrecht und Al-Qaida-Verordnung: Krieg gegen den Terror verpflichtet Unternehmen

von Nils Neumann, LL.M.

03.09.2012

Wer einen Islamisten einstellt, finanziert den internationalen Terrorismus – denkt sich die EU und führt daher Listen mit potenziellen Extremisten, die von wirtschaftlichen Ressourcen möglichst ferngehalten werden sollen. Unternehmen ist es unter Strafe verboten, solche Menschen einzustellen und ihnen eine Vergütung zu zahlen. Kaum einem Arbeitgeber ist dies bewusst, meinen Nils Neumann und Manfred Hack.

Spätestens seit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York vor elf Jahren wirkt sich der internationale islamistische Terrorismus nahezu auf sämtliche Lebensbereiche der freien westlichen Ordnung aus. Zwar konnte sich Deutschland bisher vor schwerwiegenden Angriffen schützen, aber auch hierzulande gab es Gesetzesänderungen, die das tägliche Leben beeinflussen.

Erstaunlich wenig Beachtung gefunden hat dabei eine Regelung, die sich erheblich auf das Arbeitsleben auswirken kann: In deren Konsequenz ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, regelmäßig zu überprüfen, ob er einen potenziellen Terroristen beschäftigt. Macht er dies nicht, drohen dem Unternehmen Geldstrafen in Höhe von bis zu einer Million Euro. Unternehmensorgane sowie einzelne leitende Angestellte müssen sogar mit Haftstrafen rechnen.

Geregelt ist dies in Verordnungen der Europäischen Union, insbesondere in der allgemeinen Anti-Terrorismus- sowie der Al-Qaida-Verordnung. Beide zielen primär darauf ab, den finanziellen Handlungsspielraum einzelner Terroristen und ihrer Netzwerke zu beschränken. Ähnliche Zwecke verfolgen die Embargo-Regelungen gegen freiheitsunterdrückende Regime einzelner Staaten. So zum Beispiel die Syrien- und die Iran-Verordnung.

Terrorismus finanziell austrocknen

Die Verordnungen basieren auf der Annahme, dass selbst der Terrorismus vom globalen Finanz- und Wirtschaftssystem abhängig ist. Auch er benötigt Geld. Nur wer Geld hat, kann Sprengstoff kaufen, Ausbildungslager betreiben und effektiv Einfluss auf andere Menschen ausüben.

Es ist daher verboten, bestimmten natürlichen und juristischen Personen wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, so beispielsweise geregelt in Art. 2 Abs. 2 der Al-Qaida-Verordnung. Auf wen sich dieses so genannte Bereitstellungsverbot bezieht, ergibt sich aus Namenslisten im Anhang der Verordnungen, die regelmäßig aktualisiert werden, oft im Abstand von wenigen Wochen.

Das Verbot richtet sich an jeden, und damit auch an die in Deutschland tätigen Unternehmen. Welche Maßnahmen im Einzelnen zu ergreifen sind, bleibt allerdings unklar. Die Sanktionen sind auf nationaler Ebene geregelt.

Auch Blumenhändler muss seinen Auszubildenden überprüfen

In Deutschland sanktioniert insbesondere § 34 Abs. 4, 7 Außenwirtschaftsgesetz sowohl vorsätzliche als auch fahrlässige Verstöße gegen die Bereitstellungsverbote. Anders als es der Name des Gesetzes vermuten lässt, richtet sich die Vorschrift keinesfalls nur an Außenwirtschaftsunternehmen.

Strafbar macht sich danach vor allem, wer vorsätzlich oder fahrlässig einen der namentlich aufgeführten potenziellen Terroristen beschäftigt und vergütet. Ihm drohen bis zu fünf Jahre Haft. Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer sowie die Unternehmen können daneben mit Geldbußen in Höhe von bis zu einer Million Euro belegt werden, §§ 30, 130 Ordnungswidrigkeitengesetz. Auch eine Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit nach § 35 Gewerbeordnung kommt in Betracht.

Aber was können und müssen Unternehmen nun tun, um von Sanktionen verschont zu bleiben? Muss der Blumenhändler an der Ecke regelmäßig überprüfen, ob sein Azubi-Florist als potenzieller Terrorist geführt wird? Und was ist mit Wartungsassistenten im Trinkwasserwerk oder Piloten? Weder die europäischen Verordnungen noch die nationalen Gesetze differenzieren nach dem Gefährdungspotenzial einer Tätigkeit. Da es ausschließlich darum geht, Terroristen von wirtschaftlichen Ressourcen fernzuhalten, wäre das auch wenig sinnvoll. Ob ein Extremist sein Einkommen als Bäcker oder als Sicherheitsingenieur erzielt, ist irrelevant. Auch der Blumenhändler hat seinen Azubi deshalb grundsätzlich zu überprüfen.

Zitiervorschlag

Nils Neumann, Arbeitsrecht und Al-Qaida-Verordnung: . In: Legal Tribune Online, 03.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6981 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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