Weil sie Konten bei demselben Finanzdienstleister wie die "Letzte Generation" haben, gerieten auch die Aktivisten um Luisa Neubauer ins Visier der Münchner Ermittler. Ob die Durchsuchungen rechtswidrig waren, soll nun das AG München klären.
Luisa Neubauer war empört. "Die Regierung schafft es nicht, angemessenen Klimaschutz zu machen, geht dann aber gegen die Zivilgesellschaft vor, die sich für Klimaschutz einsetzt", kritisierte die Sprecherin von Fridays for Future (FFF).
Anlass von Neubauers Pressekonferenz in München waren zwei Durchsuchungen bei Firmen, mit denen FFF seit Jahren zusammenarbeitet und bei denen auch die Adressen von Tausenden FFF-Unterstützer:innen sichergestellt wurden. Zum einen ging es um die Medien- und Grafik-Agentur Zitrusblau in Berlin, zum anderen um die Privatwohnung eines Bühnentechnikers der Firma On Fire.
Die Durchsuchungen fanden bereits im Mai statt – im Zuge der Ermittlungen gegen Aktivist:innen der "Letzten Generation", die von der Münchener Staatsanwaltschaft und dem dortigen Amtsgericht als "kriminelle Vereinigung" gem. § 129 StGB eingestuft wird. Beim Versuch, die Zahlungsströme rund um die "Letzte Generation" aufzuschlüsseln, stieß die Staatsanwaltschaft auch auf den alternativen Finanzdienstleister Elinor Treuhand, bei dem Initiativen wie Letzte Generation und FFF, aber auch Schulklassen, so genannte Gruppenkonten unterhielten.
Durch Zufall im Visier der Ermittler
An einem Tag wurden dort oft hunderte Transaktionen vom gleichen Konto getätigt, ohne dass nach außen sichtbar war, wer hier eine Zahlung veranlasste. Da bei einer Transaktion ein Vermerk "2503 Klimastreik München" zu finden war, schöpften die Ermittler Verdacht und nahmen gleich noch zwei ähnliche Überweisungen, die am selben Tag vom selben Unterkonto ausgingen, unter die Lupe. Zwei Zahlungen gingen an die Kreativagentur, eine an den Bühnentechniker.
Bei den Durchsuchungen stellte sich schnell heraus, dass die Zahlungen von FFF stammten und nicht von der "Letzten Generation". Dennoch wurden noch über 5.000 Daten von Personen sichergestellt, die bei der Kreativagentur Flyer und Sticker von FFF bestellt hatten.
Die Kreativfirma, der Techniker und der inzwischen eingestellte Zahlungsdienstleister Elinor haben jeweils Beschwerde gegen die Maßnahmen eingelegt. Die Durchsuchung sei schon deshalb unzulässig, weil bereits ein einfaches Googeln ergeben hätte, dass am 25. März 2022 ein globaler Klimastreik von FFF stattfand und es offensichtlich nicht um Straßenblockaden der Letzten Generation ging, argumentierte die Berliner Rechtsanwältin Antonia von der Behrens. Und nachdem das Missverständnis aufgeklärt war, habe erst recht keinerlei Grund bestanden, die Adressen der Materialbesteller:innen zu beschlagnahmen.
Philipp Schönberger von der NGO "Green Legal Impact", die FFF juristisch berät, hält die Aktion der Ermittler:innen für "offensichtlich" rechtswidrig. "Ich kann nur hoffen, dass die Ermittler unfähig waren und es nicht um eine gezielte Einschüchterung der Klima-Bewegung ging". Bei der Strafverfolgung von kriminellen Vereinigungen müsse aber immer damit gerechnet werden, dass völlig Unbeteiligte ins Visier der Ermittler geraten, so Schönberger. Schließlich werde § 129 StGB gerne dazu benutzt, ganze Szenen auszuforschen.
GenStA München: keine Ermittlungen gegen Fridays for Future
Auf Anfrage hat die Münchener Generalstaatsanwaltschaft am Mittwochnachmittag klargestellt, dass es keine Ermittlungen gegen FFF gebe und dass die Durchsuchungen bei der Firma und dem Techniker gem. § 103 StPO bei drittbetroffenen Zeugen vorgenommen wurden. Der USB-Stick mit den Adressen der Materialbesteller:innen sei von der Firma freiwillig ausgehändigt worden.
Die Auswertung der sichergestellten Materialien sei noch nicht abgeschlossen, so die Generalstaatsanwaltschaft. "Sollte sich bei der Auswertung ergeben, dass es sich nicht um Beweismittel handelt, werden diese selbstverständlich wieder an die Betroffenen herausgegeben. Auch eine Speicherung von Daten findet in diesem Fall nicht statt", erklärten die Ermittler:innen.
Philipp Schönberger von Green Legal Impact ist damit nicht zufrieden, "spätestens nach Aufklärung der abwegigen Vermutung hätte die Aktion sofort abgebrochen werden müssen".
Über die Beschwerden gegen die Durchsuchungen muss nun das Amtsgericht München entscheiden.
Durchsuchungen im Umfeld von Fridays for Future: . In: Legal Tribune Online, 04.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52845 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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