Rechtzeitig zum Frühlingsbeginn sieht man sie wieder überall: hochhackige Schuhe, auch Highheels oder Stilettos genannt. Vermieter und Nachbarn in Mehrfamilienhäusern finden das laute Klacken der Pfennigabsätze weniger spaßig. Zahlreiche Klagen haben eine veritable "Stöckelschuh"-Rechtsprechung hervorgebracht.
Einem Mieter im Hamburger Stadtteil Barmbek fiel die Decke auf den Kopf: In allen Zimmern seiner Behausung fühlte er sich durch laute Klackgeräusche aus der Wohnung über ihm tyrannisiert.
Der Grund der Krachattacken war schnell gefunden: Die Mieterin über ihm stolzierte bevorzugt auf Designer-Schuhen mit hohen, spitzen Absätzen durch ihre Bleibe. Erschwerender Umstand: Die Altbauwohnung der Dame war in Gang und Salon mit Fliesenboden, im Schafzimmer mit hartem Parkett ausgelegt.
Das ewige Tacktacktack machte den Hanseaten wahnsinnig. Eines Tages hielt er es nicht mehr aus und zog vor Gericht. Dort verklagte er den Besitzer der von ihm bewohnten Eigentumswohnung. Ziel der Klage: Der Eigentümer solle dafür sorgen, dass die Modediva zukünftig ihre Highheels an der Wohnungstür ausziehen möge.
High-Heel-Terror in Hamburger Mietshaus
Die Richter in Hamburg führten einen Ortstermin durch und befragten zusätzlich Zeugen. Ergebnis: eine eindeutig "unzumutbare Lärmbelästigung".
Das Betreten von Fliesen- und Parkettböden mit "Hackenschuhen" entspreche in Mehrfamilienhäusern "nicht mehr dem vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung". Der Stiletto-Freundin sei zuzumuten, ihre Fashion-Treter am Eingang der Wohnung auszuziehen.
Der Vermieter des Klägers, so die Richter weiter, müsse diesen Auftrag im Rahmen der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Eigentümer der oben gelegenen Wohnung durchsetzen - im Zweifel vor Gericht (Landgericht (LG) Hamburg, Az. 316 S 14/09).
Fünfzig Jahre Rechtsprechung zu "Pfennigabsätzen"
Das Phänomen der Mietprozesse wegen hoher Absätze hat Geschichte: Bereits Anfang der sechziger Jahre, als Claudia Cardinale und Sophia Loren durch die Filme staksten, beschwerten sich Vermieter über "Stöckelschuh-Vandalismus".
Im Mai 1962 etwa urteilte das Landgericht Essen, dass "die Beschädigung von Fußböden durch so genannte Pfennigabsätze von Damenschuhen" die entsprechenden Übeltäterinnen zum Schadensersatz verpflichte.
Die "Tatwerkzeuge" in dem entschiedenen Fall müssen mit angespitzten Stahlkappen ausgestattet gewesen sein. Obwohl es sich bei dem betreffenden Fußboden laut richterlicher Inaugenscheinnahme um eine "ganz normale strapazierfähige" Linoleum-Auslegeware handelte, war er nach ständigem Begehen mit dem inkriminierten Modeartikel durch zahlreiche "Eindrücke" beschädigt (LG Essen, Az. 12 S 64/62).
Die Auseinandersetzung ebbte auch in den in Modefragen entspannteren siebziger Jahren nicht ab. So entschied das LG Mannheim 1973, dass das "Begehen von Weichholzböden mit spitzen Metallabsätzen" einen erheblichen Verstoß gegen die mietvertragliche "Obhutspflicht" darstelle. Die Mannheimer Richter lieferten in ihrem Urteil jedoch auch praktische Lebenshilfe: Wer partout nicht auf Stöckel verzichten könne, solle die Wohnung eben mit "Teppichen und ähnlichen Belägen" sichern (Landgericht Mannheim, Az. 12 S 9/72).
Mildernde Umstände bei "Druckspuren" vor dem Spiegel
Ein gewisses Verständnis für modische Zwänge lässt ein Judikat des Amtsgerichts Freiburg erkennen.
In dem Fall wollte ein Vermieter 300 Euro Kaution einbehalten, um den Dielenboden nach dem Auszug einer Stiletto-Freundin abschleifen und neu versiegeln zu lassen. Vor Gericht erlitt der Vermieter Schiffbruch.
Nach Abschluss der Beweisaufnahme konnte der Richter lediglich in einem 80 mal 80 Zentimeter großen Bereich vor dem Spiegel in der Diele "Druckspuren" feststellen.
Bei solchen, gemessen an der Gesamtwohnung kleinen Beeinträchtigungen sei ein Abschleifen des kompletten Dielenbodens grob unverhältnismäßig. Die Kaution musste ohne Abzüge zurückgegebenen werden (Amtsgericht Freiburg, Az. 2 C 3188/90).
"Vandalismus"-Fälle mit Stöckelschuhen sind in den letzten Jahren selten geworden. Ob dies an der Schuhmode oder dem reduzierten Gewicht der Trägerinnen liegt – darüber schweigen die Quellen.
Der Verfasser Dr. Uwe Wolf ist Jurist und freier Autor in Düsseldorf.
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Uwe Wolf, Stöckelschuhe: . In: Legal Tribune Online, 12.03.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2746 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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