Robert Schumann zum 200. Geburtstag: "Ein Kampf zwischen Musik und Jus"

Robert Schumann gilt als Großmeister der romantischen Musik. Manche seiner frühen Klavierstücke und viele seiner Lieder bewegen noch heute ein breites Publikum. Wenig bekannt ist, dass der Komponist Schumann fast Jurist geworden wäre. Am 8. Juni 1810 wurde er geboren.

Wie Mozart galt auch Robert Schumann als musikalisches Wunderkind, das wie sein Salzburger Pendant unter väterlicher Anleitung bereits als Sechsjähriger komponierte und Klavieraufführungen veranstaltete. Parallel entwickelte der junge Schumann auch literarische Fähigkeiten, die er unter anderem als Verfasser biografischer Porträts im Verlag seines Vaters August Schumann einbrachte. Seine inbrünstige Verehrung der Werke Jean Pauls, dazu umfangreiche Studien der französischen Sprache prägten die Jugendzeit und schienen neben dem musikalischen auch den literarischen Berufsweg zu ebnen.

Als 1826 sein Vater überraschend starb, standen Schumanns Mutter und sein Vormund vor der Frage, welchen beruflichen Weg der Vielbegabte einschlagen sollte. Man beschloss, dass Robert Schumann "Jurisprudenz studieren möge".

Zwischen Jurastudium und Klavierstunden

Bald nach seinem Abitur im Frühjahr 1828 zog der junge Schumann zum Jurastudium nach Leipzig. Über den Studienalltag berichtete er in jener Zeit recht unterschiedlich. Während er seiner Mutter schrieb, dass er "regelmäßig und maschinenmäßig in die Kollegien" gehe, teilte er einem Freund gegen Ende des ersten Semesters mit, "noch kein Kollegium besucht, vielmehr ausschließlich Klavier gespielt" zu haben.

Während einer musikalischen Soirée lernte Schumann den Musikpädagogen Friedrich Wieck kennen und zum ersten Mal hörte er dessen damals neunjährige Tochter Clara – ein pianistisches Ausnahmetalent – Klavier spielen. Beeindruckt von Claras außerordentlichen Musikalität und meisterhaften Technik wurde Schumann spontan Wiecks Klavierschüler.

Im Mai 1829 wechselte Schumann zur juristischen Fakultät nach Heidelberg, wo zu jener Zeit Rechtslehrer wie Karl Joseph Anton Mittermaier und Anton Friedrich Justus Thibaut tätig waren. Es muss Schumann wie eine Fügung vorgekommen sein, dass diese beiden bedeutenden Juristen zugleich Musikliebhaber waren. Zu beiden Rechtslehrern entwickelte sich eine private Beziehung, die ihre Grundlage vor allem in der Musik fand.

"Ich fühle die wahre Würde der Jurisprudenz"

Neben dem Jurastudium widmete sich Schumann regelmäßig sechs bis sieben Stunden täglich dem eigenen Klavierspiel. Seiner Mutter schrieb er noch im Juli 1829: "Das Jus schmeckt mir bei Thibaut und Mittermaier exzellent und ich fühle erst jetzt die wahre Würde der Jurisprudenz, wie sie alle heiligen Interessen der Menschheit fördert."

Ein Jahr später war es Thibaut, der den Ausschlag gab, als er Schumann gegenüber äußerte, dass dieser "vom Himmel nicht zum Amtmann geboren" worden sei. Schumann wandte sich daraufhin an seine Mutter und bat darum, sich künftig ganz der Musik zuwenden zu dürfen. "Mein ganzes Leben", so Schumann, "war ein zwanzigjähriger Kampf zwischen Poesie und Prosa, oder nenn’s Musik und Jus. Jetzt stehe ich am Kreuzweg und ich erschrecke bei der Frage: Wohin? Folge ich meinem Genius, so weist er mich zur Kunst, und ich glaube, zum rechten Weg."

Nachdem der zu Rate gezogene Friedrich Wieck Schumann eine glänzende musikalische Zukunft prophezeite, willigten Mutter und Vormund in Schumanns Abbruch des Jurastudiums ein.

Was folgte ist längst Musikgeschichte geworden.

Die eingeklagte Hochzeit

Nur einmal noch musste sich der Komponist Robert Schumann in seinem Leben mit der Juristerei beschäftigen, als es galt, die minderjährige Clara Wieck ehelichen zu können.

Die Liebe zu der jungen Pianistin war 1836 entflammt, wurde jedoch von Friedrich Wieck mit allen Mitteln bekämpft. Wieck, der Manager seiner inzwischen im internationalen Konzertzirkus erfolgreichen Tochter, befürchtete, dass eine Ehe mit Schumann das Ende ihrer Pianistenkarriere bedeuten würde. Und Wieck nahm an, dass Claras inzwischen eingespieltes Vermögen vom ehelichen Haushalt völlig verzehrt würde. Wieck kannte Schumanns Lebenswandel und dessen schwache Vermögenslage, woraus er schloss, dass der Komponist die Rolle des Familienernährers kaum ausfüllen konnte.

Wieck unterband daher zeitweise jeden Umgang der Liebenden und drohte sogar, Schumann zu erschießen, falls dieser ihm je wieder vor die Augen träte. Überall streute er zudem Verleumdungen gegen das Paar aus. Vor Claras Konzerten schrieb er Briefe an die Veranstalter und behauptete, seine Tochter spiele miserabel und ruiniere überdies jeden Flügel!

Es blieb letztlich nur der juristische Ausweg offen und so kam es durch eine Eingabe Robert Schumanns vom 16. Juli 1839 beim Leipziger Oberappellationsgericht zu einem der berühmtesten Prozesse der Musikgeschichte. Die Klage war darauf gerichtet, dass entweder Claras Vater der Ehe zustimmen oder von Amts wegen eine Einwilligung herbeigeführt werden sollte. Das Gericht erteilte mit Wirkung vom 11. August 1840 schließlich die Einwilligung von Amts wegen.

Am 12. September 1840 heiratete das Paar in der Dorfkirche von Schönefeld bei Leipzig.

Das tragische Ende

Über verschiedene berufliche Stationen in Leipzig und Dresden wurde Schumann 1850 städtischer Musikdirektor in Düsseldorf, musste dort drei Jahre später jedoch aus gesundheitlichen Gründen (Nervenleiden) abdanken. Mitte Februar 1854 verschlechterte sich sein Gesundheitszustand; es traten Gehörshalluzinationen auf. Schließlich versuchte er, durch einen Sprung in den Rhein am 27. Februar Selbstmord zu begehen. Am 4. März wurde Robert Schumann in eine Privatheilanstalt nach Endenich bei Bonn eingeliefert, wo er nach qualvollen Leiden zweieinhalb Jahre später, am 29. Juli 1856, starb.

Der Autor Jürgen Seul lebt als freier Publizist und Redakteur in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Er verfasste zahlreiche Publikationen u. a. zum Architektenrecht, Arbeitsrecht sowie zu rechtshistorischen Themen.

Zitiervorschlag

Jürgen Seul, Robert Schumann zum 200. Geburtstag: . In: Legal Tribune Online, 08.06.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/660 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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