2/2: Auch das BVerfG kann irren
Auch das BVerfG ist selbstverständlich nicht vor dem ehemaligen Minister sicher: Wenn dieses Gericht, über dem bekanntlich nur der liebe Gott ist, ein Urteil erlässt zum Ehegattensplitting für homosexuelle Paare, mit dem es einen ideologischen Rechtsbegriff verfolgt, setzt zum Glück die Natur die Grenzen: "Selbst das Bundesverfassungsgericht kann nicht ändern, dass Kinder nicht gleichgeschlechtlichen Partnerschaften entspringen."
Erstaunlicherweise lässt Blüm einen Fall aus: Sollte ein Kläger neben seiner Pension als ehemaliger Bundesfinanzminister noch eine weitere Pension als ehemaliger Ministerpräsident erhalten? Diese Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts (24.11.2011, 2 C 57.09) dürfte mit dem gesunden Menschenverstand nicht unbedingt harmonieren. Möglicherweise ist Autor Blüm hier befangen, bestimmt gilt für ihn aber: Die Pension ist sicher.
Damit tut sich ein Dilemma auf, die schöne Rechtswelt wird kompliziert: Der gesunde Menschenverstand weist zwar in vielen Fällen die richtige Lösung, aber die Gesetze stehen entgegen; § 31 BVerfGG erklärt Urteile des BVerfG für verbindlich, die Versorgungsregeln gelten auch für hohe Funktionsträger.
Berufsalternative: Politiker
Auf persönlicher Ebene könnte man das ignorieren und trotzdem so urteilen, wie man es für richtig hält. Schließlich wird das Ermittlungsverfahren wegen Rechtsbeugung von den Krähen-Kollegen doch sicher eingestellt.
Sorgen macht aber das strukturelle Problem: Entscheidungen nach dem gesunden Menschenverstand sind hoch subjektiv, jeder findet eine andere schöne Lösung. Ist das nicht letztlich Willkür?
"Es könnt' alles so einfach sein – isses aber nicht." Die Fantastischen Vier wissen das seit langem.
Wem das nun doch alles zu kompliziert wird, der muss Politiker werden. Dann kann er, bei völliger Ahnungslosigkeit, über alle Themen referieren; kann, als Mitglied der oberen Kaste, Anwalt des Volkes sein und über die da oben herziehen; und kann für schönes Geld Brandschriften gegen ein System verfassen, von dem er selbst nicht nur am meisten profitiert, sondern das er selbst mit geschaffen hat. So sind sie ja alle, die Politiker; schließlich kennt man einen, der so ist.
Der Autor Dr. Lorenz Leitmeier ist Richter am Amtsgericht München.
*Anm. d. Red.: Fälschlich stand hier zunächst, Norbert Blüm sei Finanzminister gewesen. Korrektur erfolgte am Tag der Veröffentlichung um 16:28 Uhr. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.
"Einspruch": . In: Legal Tribune Online, 21.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13889 (abgerufen am: 04.11.2024 )
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