Seine Stimme kennen alle deutschen Fußballfans aus der samstäglichen ARD-Bundesligakonferenz im Radio. Dabei wäre Manfred "Manni" Breuckmann statt in der Sprecherkabine beinahe hinter dem Richterpult gelandet. Warum der studierte Jurist den Rechtswissenschaften dennoch untreu wurde, erzählte er Constantin Körner.
LTO: Herr Breuckmann, obwohl Ihre Wurzeln in Datteln, also im Ruhrgebiet liegen, haben Sie sich für ein Jurastudium entschieden. Eine Lehre im Bergbau wäre bei Ihrer geographischen Herkunft doch viel nahe liegender gewesen?
Breuckmann: Ich war sogar mal auf Zeche tätig, in der Kokerei. Allerdings nur für sechs Wochen in den Ferien. Dass ich mich letztlich für ein Jurastudium entschieden habe, war ein negatives Auswahlverfahren. Ich wollte kein Lehrer werden. Medizin kam auch nicht in Frage, weil ich kein Blut sehen kann. Die Naturwissenschaften schieden deshalb aus, weil ich in der Schule immer schlecht darin war.
Aber ich wollte trotzdem etwas Handfestes lernen, etwas, das keine brotlose Kunst ist wie etwa die Literaturwissenschaften. Als Jurist kannst Du viel werden, da steht Dir die berufliche Welt offen, dachte ich mir. Damals war das ja auch noch so. Also entschied ich mich für Jura.
LTO: Sie haben von 1969 bis 1975 die Rechtswissenschaften studiert: Warum zuerst in Bochum und dann in Marburg?
Breuckmann: Bochum war die am nächsten zu meiner Heimatstadt gelegene Uni. Anfangs hatte ich noch kein Auto und bin deshalb immer getrampt oder mit dem ÖPNV gefahren. Später hatte ich dann eine Studentenbude in Witten-Heven.
Nach drei Semestern wechselte ich nach Marburg, weil ich einfach mal was anderes machen wollte. Hinaus in die weite Welt und weg von den Eltern. Das ist mir dann auch blendend gelungen, weil ich das selbständige Leben erlernt habe.
LTO: Viele können sich auch nach Jahrzehnten noch an ihre ersten Erfahrungen im Studium erinnern. Was ist Ihnen aus dieser Anfangszeit im Gedächtnis geblieben?
Breuckmann: An meine erste Vorlesung in Bochum kann ich mich noch genau erinnern. "BGB für Anfänger" bei Professor Bökelmann. Wir waren 600 Studenten im Hörsaal. Das hat mich schon beeindruckt. Außerdem habe ich meinen kleinen BGB-Schein bei Kurt Biedenkopf gemacht.
LTO: Andere Studenten kellnern, um sich etwas hinzu zu verdienen. Dagegen haben Sie Fußballspiele im Radio kommentiert. Wie kam es zu Ihrem ungewöhnlichen Studentenjob?
Breuckmann: In Marburg hatte ich vorher bereits als DJ gearbeitet. Im Herbst 1970 hörte ich dann per Zufall einen Aufruf im Radio, dass Moderatorennachwuchs gesucht wird. Fußball war schon immer meine große Leidenschaft. Also bewarb ich mich sofort.
Das Verfahren lief so ab, dass jeder Bewerber vor Ort im Stadion zur Probe moderieren musste. Dies wurde dann im Ü-Wagen mitgeschnitten und das Tonband vom Sportchef des WDR später angehört. Assessment-Center hätte man damals wohl für etwas Unanständiges gehalten.
Jedenfalls sind von rund einhundert Teilnehmern drei oder vier genommen worden. Darunter auch ich. Erstmals live im Radio war ich dann am 7. Mai 1972 zu hören. Bei der Übertragung des Regionalligaspiels der SG Wattenscheid 09 gegen den VfR Neuss.
LTO: Obwohl Sie schon während des Studiums im Radio Fuß gefasst haben, blieben Sie den Rechtswissenschaften zunächst treu und schlossen beide Staatsexamina ab. Haben Sie sich eigentlich in Eigenregie auf das Examen vorbereitet oder waren Sie beim Repetitor?
Breuckmann: Das Studium habe ich geradezu klassisch betrieben. Irgendwann hatte ich alle Scheine beisammen, aber keinen Durchblick. Ich bin deshalb zu Alpmann-Schmidt ins Repetitorium gegangen. Das fand damals sogar in eigenen Räumen der Universität Marburg statt. Die Skripten von Alpmann kannte ich hinterher besser als jedes Lehrbuch. Und auch deren Klausurenkurs hat mich weitergebracht.
LTO: Als Volljurist erfolgte im Jahr 1979 Ihre erste Anstellung beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Bonn. Inwiefern war das mit Ihrer Radioarbeit vereinbar?
Breuckmann: Per Zufall bin ich damals über eine Zeitungsannonce auf diese Stelle aufmerksam geworden. Zwar durfte ich meine Radioarbeit fortsetzen. Aber anders als noch im Referendariat musste ich jetzt als Beamter alle meine Honorare, die den Betrag von jährlich 10.000 DM überstiegen, abführen.
Darüber war ich natürlich nicht begeistert. Trotzdem nahm ich weiterhin jeden Auftrag an, sonst wäre ich aus dem Rennen gewesen. Da hatte man keine andere Wahl.
LTO: Im Jahr 1982 wechselten Sie als landespolitischer Korrespondent zum WDR. Was führte Sie zu dem Kölner Sender?
Breuckmann: Im Rahmen meiner dreijährigen Probezeit als Regierungsrat zur Anstellung musste jeder eine sechsmonatige Außenprobezeit absolvieren. So wurde man zu Zeitungsredaktionen oder Presseagenturen geschickt. Und ich eben zum WDR.
In dieser Zeit konnte ich entscheidende Kontakte innerhalb des Senders knüpfen und erhielt daraufhin das Jobangebot als landespolitischer Korrespondent. Ich bewarb mich sofort und wurde genommen. So kam es, dass ich sehr zum Erschrecken meines Vaters, einem Postbeamten, wenige Tage vor der Verbeamtung auf Lebenszeit um Entlassung nachgesucht habe und zum 1. Januar 1982 beim WDR anfing.
LTO: Was wäre denn Ihr berufliches Ziel gewesen, wenn Sie die Juristenlaufbahn fortgesetzt hätten?
Breuckmann: Eigentlich wollte ich Verwaltungsrichter werden. Aber der Präsident des Verwaltungsgerichts sagte bei der Vorstellung, dass ich dann meine Nebentätigkeit fürs Radio aufgeben müsse, weil das mit der Würde des Gerichts nicht vereinbar wäre. Also nahm ich Abstand von der Idee.
Wenn sich beim WDR nichts ergeben hätte, dann wäre ich bestimmt in Bonn geblieben. Dass Bundespresseamt verwaltet die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung und entsprechend trieben sich da sehr viele typische Beamte herum. Es herrschte nicht die lockere Atmosphäre, die ich mir gewünscht habe. Aber ich hätte mich schon arrangiert. Bonn ist ja auch eine schöne Stadt.
LTO: Inwiefern haben Ihnen die Fertigkeiten eines Volljuristen bei Ihrer journalistischen Arbeit geholfen?
Breuckmann: Besonders während meiner Zeit beim WDR konnte ich meine juristische Ausbildung gut gebrauchen. Dort habe ich als Gerichtsreporter unter anderem über die RAF-Prozesse und den Solinger Brandanschlag berichtet. Außerdem hat man als Jurist gelernt, Fakten aus einem Wust von Informationen nach bestimmten Kriterien logisch zu sortieren.
LTO: Viele angehende Juristen sind beeindruckt von Ihrem Berufsweg. Was geben Sie diesen als Ratschlag abschließend mit auf den Weg?
Breuckmann: Mein Berufsweg ist so untypisch, dass ich eigentlich keinen Ratschlag geben kann. Vor allen Dingen muss man sich vor Augen halten, dass der Arbeitsmarkt heute ein ganz anderer ist. Damals hat jeder einen Job bekommen, der das Examen bestanden hat.
Aber für mich war es immer eine Befriedigung, dass ich eine so lange Ausbildung trotz innerer Widerstände durchgezogen habe. Auch sollte man Fachidiotentum vermeiden, indem man immer auch nach rechts und links schaut. Den beruflichen Werdegang sollte man nicht als Schmalspur ausarten lassen.
LTO: Herr Breuckmann, wir danken Ihnen für dieses Interview.
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Constantin Körner, Manni Breuckmann: . In: Legal Tribune Online, 21.01.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5364 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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