Rezension: Geht nur mit Prosecco

von Tanja Podolski

01.11.2016

2/2: Klischee und Vorurteil

Schon bis hierhin ist die Geschichte schwergängig erzählt. Dem Schreibstil fehlt jeder Witz und Esprit, die Versuche, amüsant zu schreiben, enden in Floskeln wie "ein paar Gehirnzellen arbeiten wohl doch schon". Die Darstellung der Situationen ist zu detailliert und mit nebensächlichen Erklärungen überfrachtet. Spaß am Lesen kommt nicht auf, man möchte Halbsätze streichen und Hilfe suchen bei Dora Heldt oder Kerstin Gier (beide keine Juristinnen), die es auch bei den seichtesten Romanen schaffen, einen Spannungsbogen zu erschaffen. 

"Paragrafen und Prosecco" bleibt hingegen bei Klischees, greift jedes noch so abgedroschene Vorurteil auf und ist dabei weit weg von der Lebensrealität seiner mutmaßlichen Zielgruppe: Die Mandantenakquise gelingt auch den Berufseinsteigern über Vorträge, der Mandant – leicht schmieriger Geschäftsführer einer Reinigungsfirma - hat noch nie davon gehört, dass es keinen Anspruch auf Abfindungen gibt, seine Assistentin ist sexy, der Mann von Ida ist eifersüchtig und unzufrieden damit, dass seine Frau wieder arbeiten geht. Und der frühere Ausbilder von Karla hat nur darauf gewartet, dass die schlecht gekleidete Junganwältin seine Avancen annimmt.

Zeitgeist ist ein anderer

Die Autorinnen haben nach eigenen Angaben fünf Jahre an dem Buch gesessen, erschienen ist es 2016. Sie arbeiten seit 1992 bzw. 1999 als Rechtsanwältinnen in eigenen Kanzleien in Köln und Hamburg. Womöglich sind diese Eckdaten die Erklärung dafür, dass das Buch nicht funktioniert. Jedenfalls sind heute die Mütter, die sich nachmittags mit ihren fünfjährigen Kindern auf dem Spielplatz aufhalten, ohne berufstätig zu sein, äußerst rar gesät. Schief angeschaut werden eher diejenigen, die ihre Zweijährigen noch nicht in der Betreuung haben.

Im Buch aber sagt Ida: "Bei aller Liebe, diese Sitzungen am Spielplatz an den Nachmittagen mit anderen Müttern sind der reine Horror! Wenn man dort erwähnt, dass man wieder arbeiten möchte, wird man von den eigenen Geschlechtsgenossinnen als Verräterin angesehen." Das trifft einfach nicht mehr den Zeitgeist.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Rezension: . In: Legal Tribune Online, 01.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21016 (abgerufen am: 23.11.2024 )

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