Was darf man wo dazuverdienen?
Bei der Frage, in welchem Bundesland man das Referendariat absolvieren möchte, kann – neben anderen Faktoren – auch die Frage des Geldes eine Rolle spielen. Bei der Höhe der monatlichen Bezüge bestehen nämlich teilweise große Unterschiede. Hier haben wir für Euch eine Übersicht zusammengestellt.
Am höchsten ist die Vergütung mit 1.682,65 Euro derzeit in Hessen, während Hamburg mit 1.243,07 Euro den geringsten Betrag zahlt (Stand: Mai 2024). Die Bezüge verstehen sich allerdings nicht als Entlohnung für die Arbeitsleistung, sondern werden als Unterhaltsbeihilfe gezahlt. Die Höhe der Unterhaltsleistung legt jedes Bundesland individuell in eigener Gesetzgebung fest, außerdem ist sie abhängig vom Familienstand des Referendars.
Mit der Einstellung als Rechtsreferendar wird in Deutschland weit überwiegend ein öffentlich-rechtliches Anstellungsverhältnis begründet, während einige wenige Bundesländer Rechtsreferendare als Beamte auf Widerruf ernennen. In Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen hat der Rechtsreferendar sogar ein Wahlrecht: Er kann entscheiden, auf welcher rechtlichen Grundlage seine praktische Ausbildung erfolgen soll. Die Verbeamtung auf Widerruf hat den Vorteil, dass mehr vom Bruttobetrag auf dem Konto des Rechtsreferendars ankommt. Zudem kommt der Staat in der Zeit des Ausbildungsverhältnisses für die Alterssicherung auf. Der Rechtsreferendar muss allerdings die Kosten für seine private Krankenversicherung hälftig selbst tragen, während Referendare in einem öffentlich-rechtlichen Anstellungsverhältnis (weiterhin) gesetzlich krankenversichert bleiben können.
Um die dürftige Unterhaltsbeihilfe aufzustocken, steht es Rechtsreferendaren grundsätzlich frei, zusätzlich einer Nebentätigkeit nachzugehen, also außerhalb des Referendariats noch zu arbeiten. Außerdem zahlen einige Arbeitgeber in der Anwalts- und Wahlstation eine zusätzliche Vergütung. In beiden Fällen gibt es bestimmte Grenzen, ab denen die Unterhaltsbeihilfe gekürzt wird. Dabei legen die Bundesländer die genauen Modalitäten fest.
Teilweise nur juristische Nebentätigkeiten erlaubt
Diese Freiheit, einer Nebentätigkeit nachzugehen, ist in Sachsen-Anhalt allerdings von vornherein erheblich eingeschränkt, weil sie nur ausnahmsweise und im Einzelfall eröffnet wird. Einige andere Bundesländer machen die Genehmigung einer Nebentätigkeit von der Note im ersten Examen abhängig. So genehmigt Sachen eine Nebentätigkeit in der Regel nur bei einer Abschlussnote von mindestens 6,5 Punkten; in Bayern werden mindestens 5,25 Punkte vorausgesetzt.
Im Saarland dürfen Rechtsreferendare bis zu fünfzehn Wochenstunden einer juristischen Nebentätigkeit nachgehen, während nichtjuristische Tätigkeiten bis zu acht Stunden pro Woche zulässig sind. Referendaren steht es frei, nichtjuristische mit juristischen Nebentätigkeiten zu kombinieren, um so insgesamt eine wöchentliche Stundenanzahl von fünfzehn zu erreichen.* Auch andere Bundesländer, so beispielsweise Nordrhein-Westfalen (NRW), Berlin, Brandenburg und Hessen, sehen vor, dass bei juristischen Tätigkeiten in einem höheren Stundenvolumen gearbeitet werden darf als in nichtjuristischen Bereichen.
Kanzleijob, Korrekturassistenz – oder Sitzungsdienst bei der Staatsanwaltschaft
Die "klassische" Nebentätigkeit ist daher die wissenschaftliche Mitarbeit in Kanzleien. Wirtschaftlich ist diese Tätigkeit vor allem in Großkanzleien beliebt, die Rechtsreferendaren durchschnittlich mehr als 1.000 Euro pro Wochenarbeitstag zahlen. Insbesondere bei der Mitarbeit in einem examensrelevanten Fachgebiet dürften für viele Referendare daher die Vorteile überwiegen. Neuerdings können Referendare auch – etwa in Köln – nach der Strafstation als wissenschaftliche Mitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft arbeiten. Hier wird der Rechtsreferendar mit Sitzungsdienst und dem Erstellen von Anklagen oder Gutachten betraut.
Referendare mit Prädikatsnoten im ersten Examen können auch als Korrekturassistenten in Lehrstühlen, in Fakultäten oder bei kommerziellen Repetitorien arbeiten. Der Vorteil dabei ist, dass man den Arbeitsaufwand und auch die Arbeitszeiten flexibel gestalten kann. Zeitlich flexibel ist man auch bei Tätigkeiten wie Nachhilfe für Studierende oder dem Verfassen juristischer Artikel.
Oder: Alles außer Jura im Nebenjob
Aber auch Tätigkeiten fernab juristischer Inhalte können interessant sein, um den Kopf freizubekommen. Eine Referendarkollegin arbeitete etwa als Bademeisterin in einem Freibad. Denkbar sind auch Aushilfsjobs im Einzelhandel oder Kellnern. Eine andere Kollegin hat vor dem Jurastudium eine Ausbildung gemacht und hilft nun nebenbei in ihrem alten Betrieb aus: “Nach dem Abitur musste ich mich erstmal orientieren und habe den Beruf der Floristin gelernt. Jetzt kann ich mir kaum etwas Schöneres vorstellen, als am Wochenende Sträuße für glückliche Kunden zu binden. Das ist für mich der perfekte Ausgleich zum stressigen Referendaralltag.”
Der Vorteil dieser "atypischen" Jobs ist, dass man sie am Wochenende ausüben kann. Unter der Woche kann man sich dann dem m Lernen und den praktischen Aufgaben des Referendariats widmen. Bei der wissenschaftlichen Mitarbeit ist man dagegen an einen Werktag gebunden.
Teilweise pauschale Kürzung der Unterhaltsbeihilfe
Wenn Referendare – als Nebenverdienst oder in der Anwalts- oder Wahlstation – ein zusätzliches Entgelt erhalten, kann die Unterhaltsbeihilfe gekürzt werden. Da die Unterhaltsbeihilfe dafür gedacht ist, den Lebensunterhalt während der Ausbildung zu sichern, verringert sich der Beihilfebedarf, wenn die Finanzierung bereits durch zusätzliche Vergütungen gedeckt ist.
Auch hier variieren die zulässige Verdiensthöhe sowie die Anrechnung von Bundesland zu Bundesland. NRW rechnet 25 Prozent der Bruttozusatzvergütung auf den Bruttobetrag der Unterhaltshilfe an, wenn dieser das Eineinhalbfache des Grundbetrages überschreitet. Derzeit beträgt der monatliche Grundbetrag (also ohne Familienzuschlag) in NRW 1.375,17 Euro. Auf diesen Betrag werden 25 Prozent der Bruttozusatzvergütung angerechnet, wenn diese Höhe das 1,5fache des Grundbetrages, also 2.062,75 Euro monatlich, überschreitet.
Bei einem Nebenverdienst von 3.000 Euro würden also 750,00 Euro angerechnet werden, also der Grundbetrag um diese Summe gekürzt werden, d.h. auf 625,17 Euro. Vor den Steuerabzügen hätte der Referendar nach diesem Beispiel also monatlich 3.625,17 Euro (3.000 Euro Nebenverdienst + 625,17 Euro gekürzte Beihilfe) zur Verfügung. Nach demselben Prinzip kürzen die Länder Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz die Unterhaltsbeihilfe.
Andere Länder haben Anrechnungsgrenzen
Weniger konkret handhabt Berlin die Kürzung. So heißt es, dass eine Anrechnung der Zusatzvergütung in Betracht kommen kann, wobei jedenfalls ein Mindestbetrag von 1.326,60 Euro im Monat verbleiben soll.
Hamburg sieht nach seinem Kürzungsmodell einen Anrechnungsgrenzbetrag vor, der derzeit auf 1.175,26 Euro beziffert ist. Nebeneinkünfte bis zu dieser Höhe sind abzugsfrei. Übersteigt der Nebenverdienst allerdings die 1.175,26 Euro, wird die Hälfte davon in Abzug gebracht.
Im Beispielsfall liegt das Nebeneinkommen bei 3.000,00 Euro, weshalb für die Anrechnung 1.824,74 Euro (3.000 Euro - 1.175,26 Euro) relevant sind. Die Hälfte dieser 1.824,74 Euro wird also auf die Unterhaltsbeihilfe angerechnet, d.h. 912,37 Euro. Zieht man diese Summe von der Unterhaltsbeihilfe ab, bleibt noch ein Betrag in Höhe von 330,70 Euro übrig. Dem Referendar verbleiben also insgesamt 3.330,70 Euro (330,70 Euro Unterhaltsbeihilfe + 3.000 Euro Nebenverdienst). Zum 1. November 2024 wird die Unterhaltsbeihilfe allerdings auf 1.443,07 Euro erhöht, sodass dem Referendar im Beispielsfall ein Betrag von 3.530,70 Euro verbliebe.**
In Thüringen, Brandenburg, Sachsen, Niedersachen und Bayern werden die Zusatzverdienste angerechnet, sobald diese den Betrag der Unterhaltsbeihilfe übersteigen. Im vorgenannten Beispiel würde die Unterhaltshilfe danach – mit Ausnahme von Bayern, wo den Referendaren ein Mindestbetrag von 500 Euro verbleibt – um 100 Prozent gekürzt werden, da der Verdienst aus der Nebentätigkeit in Höhe von 3.000 Euro brutto höher ist als der Betrag der jeweiligen Beihilfeleistungen. Zum selben Ergebnis kommen Referendare in Sachsen-Anhalt. Dort wird die Hälfte der Zusatzvergütung auf die Unterhaltsbeihilfe angerechnet, sofern der Betrag der Zusatzvergütung 500,00 Euro übersteigt.
Nur Hessen kürzt die Beihilfe nicht
Im Gegensatz dazu verbleibt in Hessen die volle Stations- / Nebenvergütung bei den Referendaren; eine Anrechnung auf den Grundbetrag wird derzeit – unabhängig von der Höhe - nicht vorgenommen. Der Referendar, der sich zusätzlich 3.000,00 Euro brutto verdient, hat nach dem derzeitigen Stand der Unterhaltshilfe von 1.633,34 Euro, insgesamt 4.633,34 Euro brutto zur Verfügung.
Letztlich ist noch zu beachten, dass der Nebenverdienst im höchsten Steuersatz, nach Steuerklasse 6, abzuführen ist.
Es zeichnet sich ab: Das Referendariat fordert viel Einsatz gegen überschaubares Geld. Die Aufstockungsmöglichkeiten durch Neben- und Zusatzverdienst sind aber nicht nur eine Möglichkeit, die Referendariatszeit wirtschaftlich (etwas) attraktiver zu machen, sondern bieten auch Individualisierungsmöglichkeiten nach persönlichen Präferenzen. Dabei sollte man aber vorher rechnen, was am Ende wirklich davon übrigbleibt. Letztlich ist der Anlauf auf das zweite Examen ein abwechslungsreicher Weg zum akademischen Ziel des Volljuristen.
Lena Donay (geb. Forberger) ist Referendarin am Landgericht Köln und daneben wissenschaftliche Mitarbeiterin in einer internationalen Großkanzlei.
* Angepasst am 29.10.2024, 09:50 (Red.). Vorher hieß es hier, dass Referendare grundsätzlich nur Nebentätigkeiten nachgehen dürfen, die juristischer Natur sind.
** Zahlen korrigiert am 10.10.2024, 13:30 (Red.).
Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.
2024 M10 9
Referendariat
Verwandte Themen:- Referendariat
- Nebentätigkeit
Teilen