Hamburger Referendare gehen auf die Straße
Carl Coste ist Rechtsreferendar in Hamburg und setzt sich dort als Vorsitzender der Rechtsreferendare am Oberlandesgericht Hamburg für ihre Belange ein. Ein besonderes Streitthema sind die im Bundesdurchschnitt sehr niedrigen Unterhaltszahlungen an Hamburger Referendar:innen. Am vergangenen Donnerstag, dem 8. Dezember 2022, veranstalteten Coste und seine Mitstreiter:innen daher eine Demonstration in Hamburg.
LTO: Herr Coste, wie viele Teilnehmer:innen sind denn zu Ihrer Demonstration gekommen und wie war die Stimmung vor Ort?
Carl Coste: 250 Referendar:innen sind mit uns letzten Donnerstag für eine bessere Bezahlung auf die Straße gegangen. Für viele von uns stellen die stark steigenden Preise eine Herausforderung dar. Wir haben die Hoffnung, dass wir mit unserem Protest auf unsere Lage aufmerksam machen. Die Senatorin beklagt fehlende Maßnahmen aufgrund der steigenden Energiekosten und Lebensmittelpreise. Wir verstehen nicht, warum sie bei uns Referendar:innen, wo sie Verantwortung hat und handeln kann, die notwendige Unterstützung bisher verweigert, die sie an anderen Stellen so vehement einfordert.
Für was genau haben Sie demonstriert, würden Sie die Hintergründe kurz darstellen?
Hamburg ist derzeit das Bundesland, das im Vorbereitungsdienst am schlechtesten bezahlt. Gleichzeitig rechnet die Hansestadt Nebenverdienste deutlich früher an als alle anderen Bundesländer. Wir haben daher drei Forderungen: Erstens muss die Unterhaltsbeihilfe deutlich erhöht werden. Zweitens fordern wir die Streichung der Zuverdienstgrenze und drittens sollen Rechtsreferendar:innen wieder verbeamtet werden. Als Referendar:innen unterliegen wir allen beamtenrechtlichen Pflichten. Wir wollen auch die Privilegien.
Wie viel Unterhaltsbeihilfe bekommen Rechtsreferendar:innen in Hamburg denn und wie könnte man dem Problem begegnen?
Die Unterhaltsbeihilfe wurde zum 1. Dezember um 2,8 Prozent angehoben und beträgt nun 1.243,07 Euro. Anrechnungsfrei dürfen wir 587,63 Euro verdienen. Jeder Euro darüber wird um 50 Cent gekürzt. Das reicht zum Überleben in Hamburg nicht aus und ist angesichts einer Inflation von 10 Prozent einfach zu wenig. Die Justizbehörde muss sich entschieden, ob sie diesen Missstand durch eine deutlich bessere Bezahlung beheben möchte, oder ob sie moderat anhebt und uns den Nebenverdienst lässt. Es kann aber nicht so weitergehen, dass die Stadt gleichzeitig wenig zahlt und früh wegnimmt. Angerechnet wird dabei übrigens alles, auch der Corona-Bonus und das Weihnachtsgeld. Besonders genau ist die Stadt auch beim Auszahlen der Unterhaltsbeihilfe. Im Oktober wurden die neuen Kolleg:innen aufgrund des Feiertages am 4. Oktober eingestellt und erhielten deswegen eine um die drei Tage gekürzte Unterhaltsbeihilfe.
Gab es bereits Reaktionen auf die Demonstration?
Es gab eine Menge positiven Zuspruch von Referendar:innen, aber auch von Anwält:innen und Richter:innen aus dem gesamten Bundesgebiet. Einige Kanzleien haben ihre Referandar:innen am Donnerstagnachmittag freigestellt, damit sie an der Demo teilnehmen konnten. Ein attraktiver Vorbereitungsdienst liegt eben nicht nur im Interesse der Referendar:innen, sondern ist auch für den Rechtsstandort Hamburg von Bedeutung. Am Mittwoch besprechen wir mit der Senatorin unsere Situation und hoffen auf eine schnelle Anpassung.
Planen Sie in Zukunft weitere Aktionen, um auf das Thema aufmerksam zu machen?
Wir setzten zunächst auf die Verhandlungen mit der Justizbehörde. Wenn uns die politisch Verantwortlichen aber weiterhin eine unserer Qualifikation angemessene Unterhaltsbeihilfe verweigern, weil eine faire Bezahlung für sie keine Priorität hat, werden wir mit Aktionen weiter auf unsere prekäre Lage aufmerksam machen.
Herzlichen Dank!
Das Interview wurde schriftlich geführt.
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2022 M12 13
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