Karriere als Jurist bei der Polizei
Den Traumberuf "Polizist" haben wohl viele Kinder. Aber man muss nicht zwingend die Polizeischule besuchen. Auch für Juristen gibt es viele Möglichkeiten, um bei der Polizei einzusteigen – teilweise auch mit dem ersten Staatsexamen.
Insbesondere für ambitionierte Berufseinsteiger, die Führungsverantwortung übernehmen wollen, können Polizeibehörden ein attraktiver Arbeitgeber sein. Hier kommen drei Tipps für spannende erste Stellen.
Tipp eins: Trainee im Innenministerium
Wer Führungsaufgaben oder Personalverantwortung in einer Polizeibehörde übernehmen will, sollte sich das 30-monatige Traineeprogramm des Hessischen Ministeriums des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz (HMdI) einmal anschauen. Mehrmals jährlich stellt das HMdI Volljurist:innen ein, die beide Examina mindestens mit "befriedigend" bestanden und erfolgreich an einem zweitägigen Assessment-Center teilgenommen haben. Dieses besteht aus sechs Teilen, in denen die Bewerber:innen auf Herz und Nieren geprüft werden, erzählt Fabian Kunz aus dem Personalreferat des HMdI, der selbst Trainee war. Unter anderem geht es um die Prüfung der kognitiven und sprachlichen Fähigkeiten. Außerdem müssen die Bewerber:innen einen Englischtest machen und an einer Gruppendiskussion zu einem vorgegebenen Thema teilnehmen.
Hat man das Bewerbungsverfahren erfolgreich gemeistert, sollte man als Trainee "nach Möglichkeit alle drei großen Bereiche des hessischen Innenressorts einmal durchlaufen“, erzählt Kunz, d.h. das Innenministerium selbst, ein Regierungspräsidium nebst nachgeordneten Behörden und eine Polizeibehörde. Man dürfe den Begriff des "Trainees" nicht missverstehen, denn man arbeite von Anfang an als vollwertiges Teammitglied, so Kunz.
Arbeit in Präsidien, der Hochschule oder bei der Reiterstaffel
Neben den hessischen Polizeipräsidien können die Trainees etwa auch in der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit (HöMS), Hessens zentraler Hochschule für Polizei und Verwaltung, eingesetzt werden. Sie übernehmen hier Aufgaben in der Verwaltung und, wenn sich die Gelegenheit bietet, teilweise auch in der Lehre. "Es gibt beispielsweise auch ehemalige Trainees, die nach Programmende dauerhaft in die Lehre gewechselt sind und hauptamtlich an der HöMS unterrichten. Andere arbeiten nebenbei als Lehrbeauftragte", berichtet Kunz.
Die Trainees können auch im Hessischen Polizeipräsidium für Technik oder im Hessischen Polizeipräsidium Einsatz arbeiten. Hier befinden sich unter anderem Sondereinheiten und Sonderstaffeln wie Reiterstaffel oder Wasserschutzpolizei. Diese Einheiten unterstützen zum Beispiel bei großen Fußballspielen vor Ort oder in besonderen Einsatzlagen, bei denen auch Jurist:innen mitarbeiten.
Als ehemaliger Trainee rät Kunz den Teilnehmenden, grundsätzlich offen zu sein für Neues: "Nach meiner Erfahrung ist es empfehlenswert, sich auch auf eine Stelle einzulassen, die man sich nicht selbst ausgesucht hätte. Viele sind letztendlich dann doch positiv überrascht." Während seiner Traineezeit war er ein Jahr beim Landeskriminalamt in Wiesbaden und dort unter anderem mit Datenschutzrecht betraut.
"Ich hätte mir selbst nie Datenschutz ausgesucht und es war auch etwas schwierig, sich in dieses Gebiet einzuarbeiten. Polizeiarbeit und Ermittlung bedeuten sehr viel Datenerhebung und -verarbeitung. Dies führt unweigerlich dazu, dass man sich auch mit Datenschutz auseinandersetzen muss", so Kunz. Es sei aber spannend gewesen zu sehen, wie viele Regelungen zum Datenschutz das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) und die StPO tatsächlich enthalten, und die Vorschriften selbst anzuwenden.
Was verdienen die Trainees?
Die Trainees werden als Regierungsrätin/Regierungsrat auf Probe verbeamtet und entsprechend A 13 Hessisches Besoldungsgesetz (HBesG) mindestens mit einem monatlichen Grundgehalt von gut 4.500 Euro besoldet. Verfügt der Trainee bereits über Berufserfahrung, ist das Grundgehalt höher. Dazu können beispielsweise je nach Familienstand Zuschläge kommen. Seminare und individuelle Trainings mit Mentor:innen und externen Coaches helfen den Trainees dabei, sich zu Führungskräften zu entwickeln. Denn als solche können sie nach ihrer Traineezeit in einer der Behörden des Innenressorts fest einsteigen. Insbesondere in Abhängigkeit der beruflichen Vorerfahrung wird man frühestens ein Jahr nach Einstellung und spätestens nach drei Jahren dann fest verbeamtet.
Auch die Innenministerien der anderen Länder stellen Volljurist:innen ein. Ein Traineeprogramm wie in Hessen gibt es dort nicht; allerdings müssen die Jurist:innen in der Probezeit verschiedene Behörden durchlaufen.
Tipp zwei: das Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei
Das Präsidium Technik, Logistik, Service der Polizei (PTLS Pol) in Stuttgart ist mit weniger polizeilichen Aufgaben im "klassischen" Sinne beschäftigt. Das macht die Arbeit dort aber nicht weniger spannend. "Über unser Rechtsreferat beschaffen wir von Fahrzeugen über Software und Hardware bis hin zu Waffen und Bodycams alles, was die Polizei so braucht ", erklärt Sebastian Kowalk. Der Volljurist leitet das Referat 11 "Recht, Datenschutz und Vergabestelle".
Dort prüft er mit seinem Team etwa, "inwieweit man Künstliche Intelligenz in der Polizeiarbeit einsetzen kann", erklärt Kowalk. "KI oder gesellschaftliche Bedrohungen durch Cyberkriminalität haben natürlich auch Auswirkungen auf die Polizei und ihre Ausstattung", berichtet der Volljurist. Diese Entwicklungen hat er mit seinem Team immer im Blick, um die Polizei mit innovativer Technik ausstatten zu können.
"Bevor die Dinge angeschafft werden, müssen wir sie vor Ort begutachten und testen", so Kowalk. Er schätzt es, wie hautnah er Verwaltung in seinem beruflichen Alltag miterleben kann, etwa beim Probefahren eines Polizeiboots. Das PTLS Pol ist ein Beispiel dafür, dass Verwaltung nicht "verstaubt" sein muss, so Kowalk.
Neben dem Vergaberecht beschäftigt sich das Rechtsreferat noch mit arbeitsrechtlichen Fragen, aber auch mit Immobilienrecht und Vertragsrecht, wenn es um Grundstücke der Polizei geht.
Um nach dem Referendariat beim PTLS Pol einsteigen zu können, müssen Volljurist:innen in beiden Examina jeweils mindestens einen Schnitt von 6,5 Punkten erreichen und ein Assessment-Center bestehen. Sie können sodann in der Besoldungsgruppe A 13 mindestens mit einem Monatsgrundgehalt von 4.715,53 Euro einsteigen; Zuschläge können das Grundgehalt erhöhen.
Tipp drei: die Bundespolizei
Jurist:innen können auch bei der Bundespolizei arbeiten, und das auch schon mit dem ersten Examen. Um als Polizeianwärter:in einsteigen zu können, muss man das erste Examen mit mindestens "befriedigend" abgeschlossen haben. Danach muss man allerdings noch den polizeilichen Vorbereitungsdienst absolvieren, der zweieinhalb Jahre dauert. Er umfasst eine sechsmonatige polizeifachliche Unterweisung, die die Grundlagen der Polizeiarbeit vermittelt, und den zweijährigen Masterstudiengang "Öffentliche Verwaltung – Polizeimanagement" an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster. Die Studieninhalte reichen von Führungslehre über Kriminalistik bis hin zu Verkehrspsychologie. Nach dem Studium können die Polizeianwärter:innen direkt in den höheren Polizeivollzugsdienst einsteigen.
Für Volljurist:innen gibt es zwei verschiedene Laufbahnen bei der Bundespolizei. Zum einen können sie als Verwaltungsbeamt:innen einsteigen und etwa im Justiziariat einer Polizeibehörde arbeiten. Zum anderen gibt es die Möglichkeit, als Polizeirätin/Polizeirat im höheren Polizeivollzugsdienst zu arbeiten.
Für Letzteres benötigen Bewerber:innen zwei juristische Examina mit einer Gesamtpunktzahl von mindestens 13 Punkten. Außerdem müssen die Jurist:innen den gleichen Sporttest absolvieren wie angehende Polizeibeamt:innen, inklusive Pendellauf und 12-Minuten-Lauf. Nach der Einstellung werden sie auf Probe verbeamtet und erhalten Bezüge der Besoldungsgruppe A 13 Bundesbesoldungsordnung, das entspricht einem monatlichen Grundgehalt von mindestens 5.046,30 Euro.
Theoretische und praktische Ausbildung der Polizeiräte
Die Polizeirät:innen werden zunächst sechs Monate lang in praktischen und theoretischen Grundlagen der Polizeiarbeit ausgebildet und nehmen anschließend zwölf Monate am Studiengang Polizeivollzugsdienst an der Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung in Lübeck teil. Dort werden unter anderem die Studienfächer Einsatzlehre, Psychologie und Luftsicherheitsrecht unterrichtet. Verschiedene Praktika runden die Ausbildung ab.
Im Anschluss können die Jurist:innen bundesweit in einer der Bundespolizeidienststellen eingesetzt werden und diese auch leiten. Sie übernehmen darüber hinaus unter anderem die Führung von Polizeikräften im Einsatz und bilden sie in Seminaren zu aktuellen polizeifachlichen, politischen oder medizinischen Themen aus.
Neben den hier vorgestellten gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, als Jurist:in bei der Polizei einzusteigen. Im LTO-Interview berichtet etwa Oberregierungsrat Jan Kieseheuer über seinen Job beim Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei NRW. Um die Polizeiarbeit kennenzulernen, bietet sich auch ein Praktikum im Studium oder eine Station im Referendariat dort an. Und natürlich sollte man sich auch die Nachtfahrt nicht entgehen lassen, die viele Bundesländer im Rahmen der Strafstation anbieten.
Annabell Horn studiert Jura an der Justus-Liebig-Universität Gießen und absolviert derzeit den Schwerpunkt.
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2024 M06 15
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