Roben machen Leute
Als Dr. Laura Kubach ihre Laufbahn als Anwältin begann, wollte sie eines nicht: süß aussehen. Sie wollte Positionen einnehmen und Rechte vertreten. Wenn sie dann mal zu einem ihre seltenen Auftritte ins Gericht musste, stand sie da, als zierliche blonde Frau in einer unförmigen Robe. "Das sieht albern aus, und fühlt sich auch so an", sagt sie.
Inzwischen hat die 37-Jährige gemeinsam mit der Designerin Ulla Kraus ihr eigenes Start-Up gegründet, die Garde-Robe. Die Unternehmerinnen fertigen Roben in drei unterschiedlichen Längen in einem Look, der auf die Statur von Frauen angepasst ist. Was einfach klingt, erwies sich also so simpel nur hinsichtlich der Berufstracht für die Anwältinnen: Vor Gericht sind alle Juristen an Kleidungsvorschriften gebunden – und die Regelungen für Staatsbedienstete sind erheblich strenger als die für Anwälte.
Erst kippte Niedersachsen, nun Bayern
Für Rechtsanwälte gilt hinsichtlich der Robe die Regelung des § 20 Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA). Die Norm besagt lediglich, der Anwalt trage vor Gericht eine Robe, soweit das üblich sei. Weitergehende Regelungen gibt es nicht – was nicht bedeutet, dass es nicht bereits diverse Streitigkeiten um die Robe im Gerichtssälen gegeben hätte, sei es, weil Anwälte sich weigerten, etwa vor Amtsgerichten überhaupt eine Robe zu tragen, oder auf der Robe Werbung für die eigene Kanzlei machen wollten. Einer Änderung des klassischen Schnitts der Anwaltstracht aber stand sie nicht entgegen.
Bei Staatsbediensteten sieht das anders aus, wie Laura Kubach heute weiß. "Die Bundesländer haben auf landesrechtlicher Ebene Regelungen mit unterschiedlicher Regelungstiefe getroffen", so die 37-Järhige. "Für Nordrhein-Westfalen und Bayern konnten wir sehr einfach über das Internet herausfinden, welche Regelungen überhaupt gelten." Für die anderen Länder hätten sie die Informationen mühevoll in Archiven recherchieren und schließlich Anfragen an die Justizministerien stellen müssen, bis die genauen Regelungen bekannt waren. Jetzt wissen die Unternehmerinnen: In NRW gibt es noch immer das Merkblatt über die Amtstracht bei den ordentlichen Gerichten mit zentimetergenauen Vorgaben über die Breite des Besatzes – und dieses galt in sehr ähnlicher Form auch in Niedersachsen und Bayern. Auch Hamburg und Schleswig-Holstein haben noch strenge, detaillierte Regelungen.
"In Niedersachsen war es besonders interessant, weil die schärferen Vorschriften überhaupt erst 2011 eingeführt worden waren", so Kubach. Nach Hohn und Spott aus den Reihen von Staatsbediensteten sei allerdings schnell eine erneute Veränderung angestoßen worden, so dass Niedersachsen im Frühjahr dieses Jahres als erstes Bundesland die strengen Regelungen aufgeweicht habe. Nun folgte Bayern. Ab dem 1. Dezember heißt es dort: "Die Robe bedeckt die Kleidung bis über die Mitte der Unterschenkel und bis zum Handgelenk. Material, Schnitt und Gestaltung der Robe müssen mit dem Ansehen der Rechtspflege vereinbar sein.
Passt die Robe, passt das Auftreten
"Diese Formulierung ist an die Stelle einer zentimetergenauen Vorgabe für einen sackigen Männerschnitt getreten", sagt Kubach – Formulierungen, wie nun nur noch NRW und Hamburg haben. Doch das Justizministerium NRW habe schon vor rund einem Jahr verlauten lassen, dass es eine wohlwollende Prüfung der Roben-Regelung für Staatsbedienstete geben solle.
Laura Kubach freut sich über diese Entwicklung: "Als wir mit der Produktion der Roben angefangen haben, haben wir uns gefragt, ob wir eine Änderung der Regelung hinbekommen." Dass sie dazu mit ihren Anfragen, die auf die antiquierten Regeln hinwiesen, zumindest beigetragen haben, davon ist sie überzeugt.
Für Kubach geht es dabei um mehr, als die Frauen in der Juristenwelt nur modischer zu kleiden. "Ich bin den ersten Frauen in der Juristenwelt dankbar, dass sie uns den Weg geebnet haben, so dass wir uns jetzt um die Details der Emanzipation kümmern können", sagt die Anwältin. "Ich möchte mich auch in einer Robe so angemessen gekleidet fühlen, dass ich das passende Auftreten zu meinem Fall abrufen kann. Wenn ich schon optisch verloren aussehe, muss ich zunächst gegen diesen ersten Eindruck arbeiten." Das könne sie jetzt jeder Juristin ersparen.
Ziel: etwas in den Händen halten
Zu dieser Idee kam damals, vor dem Start von Garde-Robe, das Bedürfnis, etwas zu produzieren. Bei ihrer früheren Tätigkeit in einer Großkanzlei waren einige Bieterverfahren zugunsten von Wettbewerbern ausgegangen, in der Hand hatte sie trotz viel Arbeit nichts. Das wollte sie ändern. Sie belegte einen Nähkurs bei der Designerin Ulla Kraus und wollte nach einigen anderen Gewerken ihre eigene Robe nähen.
Heute lassen die beiden Frauen in einer inhabergeführten kleinen Mode-Schneiderei in Essen nähen, in Düsseldorf und Berlin kann man die Roben anprobieren. Seit einem dreiviertel Jahr produziert Garde-Robe auch für Männer. Natürlich verwenden die Näherinnen ausgewählte Stoffe, doch der Clou sind der eigene Namenszug, der in die Robe gestickt werden kann, und die Widmung oder ein Motto. Bei dem einen hieße es dann: "Möge die Macht mir Dir sein", bei der anderen "Nicht was du bist, ist, was dich ehrt. Wie du es bist, bestimmt deinen Wert."
"Ich bin in erster Linie Anwältin und führe die Garde-Robe nebenbei", sagt die Juristin. "Doch die Änderungen erreicht und ein eigenes Unternehmen gegründet zu haben, das nicht mehr defizitär ist, ist schön."
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2016 M12 8
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