Sport in der Kanzleikultur

Boul­dern statt Kegel­a­bend

Gastbeitrag von Eva HankenLesedauer: 4 Minuten

Ob Tennis, Yoga oder Fußball – Bewegung fördert kreatives Denken. Eva Hanken hat sich mal umgehört, welche Angebote Kanzleien für ihre Mitarbeitenden haben. Vom Fußballturnier bis zum Fünfkampf ist alles dabei. 

Montagmorgen, ein neues, kompliziertes Mandat und wenig Zeit: Genau dies ist der Moment, in dem es sich lohnt, eine kurze sportliche Pause einzulegen. Denn Sport führt zu mehr Leistung im Beruf. Anstatt also krampfhaft zwei Stunden vor dem Computer zu sitzen und nicht weiterzukommen, sollte man sich auch zwischendurch bewegen. Viele Kanzleien bieten ihren Mitarbeitenden diese Möglichkeit: in Form von Tischtennisplatten, Kicker-Tischen oder Yoga-Kursen. Diese Sportarten lassen sich leichter in den Arbeitsalltag einbauen als etwa ein Krafttraining – und sie wirken sich ebenso positiv aus. 

Körperliche Aktivität kann Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselkrankheiten verhindern. Auch auf die Psyche wirkt sich Bewegung positiv aus: weniger Stress, depressive Symptome und Schlafstörungen. 

Jura-Coach Daniela Dihsmaier ist außerdem davon überzeugt, dass jede Form der Bewegung Denkblockaden löst und Kreativität fördert: "Erst, wenn ich aus einer alltäglichen Situation ausbreche und mich bewege, entwickeln sich neue Ideen. Kreativität ist daher das wichtigste Argument dafür, Sport zu treiben." 

Die positiven mentalen Effekte auf die Kreativität entstehen laut Dihsmaier jedoch vor allem im Ausdauersport – im sogenannten aeroben Bereich, wo die Muskulatur genug Sauerstoff hat. Ein intensiveres Training, beispielsweise Intervalltraining, bewirke vielmehr, dass währenddessen "sorgenvolle Gedanken verschwinden".  

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Tagsüber Kicker, abends Ausdauer- und Intensivtraining 

Derartige Ausdauer- und Intensivtrainings bieten Kanzleien ihren Beschäftigten eher am Abend. Von Fitnesskursen über Fußball- und Volleyballtrainings bis hin zu Fahrradfahrten gibt es viele Angebote, sich sportlich zu betätigen. Auch Rechtsanwalt Dr. Maximilian Schmidt von der Kanzlei Seitz erledigt erst die Arbeit, bevor er zum Sport geht: "Tagsüber spiele ich gerne eine Partie Tischkicker. Abends nach der Arbeit und am Wochenende habe ich eher den Kopf dafür, mich richtig intensiv sportlich zu betätigen." 

In seiner Kanzlei in Köln spielt das Thema eine besonders große Rolle – dort arbeiten nämlich viele ehemalige Spitzensportlerinnen und Spitzensportler. "Sport gehört gewissermaßen zur DNA unserer Kanzlei", sagt Schmidt, der selbst auch im Sportrecht tätig ist. Besonders im Fokus der Kanzlei stehen Hockey- und Tennistraining, da die Kanzlei mit einem örtlichen Hockey- und Tennisverein eng kooperiert. Aber auch Fußballspiele und Lauftreffs finden regelmäßig statt. Ein zusätzliches Highlight ist die jährliche Skifahrt. 

Auch die internationale Großkanzlei White & Case bietet ihren Mitarbeiter:innen an ihren deutschen Standorten wöchentliche Sportangebote. Dazu gehören Fußball- und Volleyballtrainings sowie Yoga- und Fitnesskurse. Partner Andreas Lischka erklärt: "Wir sind immer offen für Vorschläge und bieten im Grundsatz alles an, was in unserem Team auf Resonanz stößt." In Frankfurt kooperiert die Kanzlei mit externen Fitnesstudios und stellt ihren Beschäftigten Duschen, Handtücher und Schließfächer zur Verfügung*; mietet aber auch beispielsweise Fußballflächen. Seit der Corona-Pandemie gibt es überwiegend digitale Sportangebote. 

Kanzleieigenes Turnier oder Firmenlauf als Motivation 

Viele Menschen benötigen ein konkretes Ziel vor Augen, um sich konstant zum Sport zu motivieren. Manche wollen abnehmen, andere Muskeln aufbauen oder einfach etwas für die Gesundheit tun. Auch äußere Faktoren können eine Rolle spielen; zum Beispiel das Training für einen Wettbewerb.  

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kanzlei Seitz können jährlich an einem Firmenlauf in Köln teilnehmen. Zudem veranstaltet das Anwaltsbüro einmal im Jahr ein Fußballturnier.  

White & Case richtet seit 2003 den sogenannten Football & Volleyball World Cup aus, bei dem sich rund 1300 Beschäftigte aus knapp 40 Büros an einem Kanzleistandort treffen, zuletzt im Jahr 2019 in Madrid. Bisherige Austragungsorte waren unter anderem Mexico City, Mailand, Paris, Rio de Janeiro, Melbourne, Glasgow und Wien. 

Auch in mittelständischen Kanzleien ist das Thema Sport präsent. Die Wirtschaftskanzlei Rose & Partner bietet einmal im Jahr an ihrem Standort in Hamburg den "Inselpark 5-Kampf" an. In fünf Stunden können sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den nicht ganz alltäglichen Disziplinen Basketball, Bouldern, Schwimmen, Stand-Up-Paddling und 50-Meter-Sprinten messen. Nicht nur die Mitarbeiter:innen selbst sind eingeladen, sondern auch deren Freunde und Verwandte. 

Die Idee hatte Partner Bernfried Rose: "Das ist so ein bisschen mein Baby." Im Vordergrund stehe der Spaß. Im Vorfeld dieser Veranstaltung treffen sich die Teilnehmer bereits zu Probetrainings. "Jeder, der ein bisschen sportlich ist, kann die Disziplinen schaffen. Gleichzeitig ist es so, dass derjenige, der auf das Treppchen will, richtig gut sein muss", erklärt Rose.  

Spaß muss im Vordergrund stehen 

Daniela Dihsmaier – selbst Amateur-Triathletin – bewertet diese Angebote von Kanzleien als sehr positiv: "Insbesondere Menschen, die gerne in Gruppen trainieren und den Wettbewerb brauchen, können so abgeholt werden" – und auf diese Weise eine gesündere und kreativere Lebensweise entwickeln, wenn sie auf eine gesunde Balance bei sich selbst achten. Menschen, die lieber allein Sport treiben oder keine Freude an Wettkämpfen haben, seien ebenfalls zu respektieren und mit geeigneten Ideen abzuholen.

Das Wichtigste sei jedoch der Spaß an der Bewegung. Zudem sollte man laut Dihsmaier immer auf sich selbst hören: "Je mehr wir auf uns selbst schauen, desto gesünder. Je mehr wir auf andere schauen, desto ungesünder." Und das gelte ganz besonders bei Jurist:innen. Dihsmaier beobachtet bei ihren Klienten nämlich einen permanenten Wettbewerbs- und Leistungsdruck.  

Ob morgens, mittags oder abends – sportliche Betätigung schafft Ideen und den nötigen Ausgleich für einen klaren Kopf. Das gilt vor allem in Stresssituationen. Gerade auch im Homeoffice ist Sport die perfekte Gelegenheit, um mehr Struktur in den Alltag zu bringen: sei es das regelmäßige Yoga-Training am Montagmorgen oder der sportliche Wettkampf beim Fußball nach Feierabend. 

Viele Kanzleien haben erkannt, dass die sportliche Förderung von Mitarbeitern einer der Schlüssel, nicht nur für ein besseres Betriebsklima, sondern auch für bessere Leistungen ist. 

*Korrektur am 07.06.2021, 11.05 Uhr: Hier war zunächst davon die Rede, dass die Kanzlei ein eigenes Fitnessstudio habe.

Eva Hanken ist Journalistin und Juristin. Im Rahmen ihres Volontariats hat sie mehrere Monate in einer Sportredaktion gearbeitet.  

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