Small Talk mit Stephan Mathé, "Musikrechtler"

Von Strei­tig­keiten über Band-Namen bis zum Dschun­gel­camp

von Pauline Dietrich, LL.M.Lesedauer: 4 Minuten

Im Small Talk fragen wir Juristinnen und Juristen, was sie denn so machen. Heute: Stephan Mathé, der als "Musikrechtler" mit großen Playern wie Sony zusammenarbeitet, Band-Streitigkeiten begleitet und auch prominente Influencer vertritt. 

Herr Mathé, was machen Sie beruflich?

Stephan Mathé: Ich bin Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Prinz in Hamburg. Neben Marken-, Wettbewerbs- und Urheberrecht beschäftige ich mich vor allem mit dem Musikrecht.

Was ist Musikrecht überhaupt – worum geht es da?

Meine Tätigkeit im Musikrecht umfasst viele Bereiche. Ein großer Teil ist die Erstellung von Verträgen, etwa zwischen Interpreten und Musiklabels oder auch Merchandise-Verträge für Künstler. Dazu gehört aber auch die Vertretung in Rechtsstreitigkeiten, z.B. um einen Band-Namen. Also wenn etwa ein Mitglied die Band verlässt und unter dem Namen der Band weiter Musik macht, was der Bandgründer nicht gestattet hat. Ich persönlich beschäftige mich insbesondere mit der unerlaubten Verwendung von Kompositionen und Tonaufnahmen durch Unternehmen zu Werbezwecken im Internet, hier würde ich mich als Marktführer bezeichnen.

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"Betreue aktuell ca. 900 laufende Musikrechtsmandate"

Wie kam es dazu, dass Sie sich auf das Musikrecht spezialisiert haben?

Da spielte ehrlich gesagt der Zufall eine Rolle. Medien haben mich schon immer begeistert. Vor meiner Tätigkeit als Rechtsanwalt war ich Product Manager bei einem Videospielunternehmen und als Referendar arbeitete ich u.a. für die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. So wollte ich immer Medienanwalt werden und spezialisierte mich zunächst auf Gamesrecht. Einer meiner Mandanten machte Musik für Computerspiele, dies war wohl der erste Kontakt zum Musikrecht. Über wenige Fälle im ersten Jahr wurde es mit der Zeit immer mehr, aktuell betreue ich ca. 900 laufende Musikrechtsmandate.

Was war Ihr Lieblingsfall?

Auch wenn es vielleicht komisch klingt: Mir macht fast jeder Fall Spaß. Da ich einen großen Teil meines Lebens im Büro verbringe, war immer mein Grundsatz, dass ich etwas tun möchte, was mir Freude macht, sodass ich jeden Montag wieder gern zur Arbeit gehe. Am liebsten sind mir die Fälle, in denen ich mit fachkundigen, erfahrenen Kollegen auf der Gegenseite nach konstruktiven Verhandlungen ein für alle Beteiligten faires Ergebnis erziele.

Stephan Mathé…

…ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz 

…arbeitet bei Prinz Rechtsanwälte in Hamburg 

… kam über das Gamesrecht zum Musikrecht 

… vertritt große Player wie Sony und EMI 

… geht zwar nicht mit Beyoncé zum Lunch, bekommt den "Promifaktor" aber über seine Fälle aus dem allgemeinen Medienrecht mit 

Was war das Highlight Ihrer Karriere bisher?

Wir hatten einmal einen Fall, da wurden Hunderte von Songs in einer Soap Opera verwendet, die im TV lief und weltweit auf DVD verkauft wurde. Es stellte sich heraus, dass der von der Produktionsfirma angeheuerte Komponist alles von unserer US-amerikanischen Mandantin geklaut hatte. Nach zähen Verhandlungen einigten wir uns auf einen guten sechsstelligen Betrag.  

Wenige Monate später ergab es sich dann, dass noch mehr Songs in einer anderen TV-Serie verwendet worden waren und so saßen wir erneut am Verhandlungstisch. Am Ende erhielt die Mandantin insgesamt eine Lizenzanalogie in siebenstelliger Höhe (eine Lizenzanalogie ist Schadensersatz in Form derjenigen Lizenzgebühr, die der Nutzer eigentlich hätte bezahlen müssen). Solche Verhandlungen zu führen und dann auch noch so ein Ergebnis zu erzielen, macht natürlich Spaß.

"Gehe leider nicht mit Beyoncé zum Lunch"

Was macht Ihnen in Ihrem Job überhaupt keinen Spaß?

Ich muss gestehen, dass ich mit zunehmendem Alter unnachsichtiger werde. Jeder Anwalt fängt klein an und Erfahrung kann man nicht abkürzen. Auch ich habe vor 18 Jahren nicht alles perfekt gemacht und in Rechtsgebieten gewildert, die ich lieber anderen Kollegen überlassen hätte. Aber wenn heute zum Beispiel ein gegnerischer Anwalt alles bestreitet, das nicht bei drei auf den Bäumen ist oder noch schlimmer den Unterschied zwischen Komposition (Noten/Text) und Tonaufnahme (konkrete Performance eines Künstlers) nicht kennt, und das alles über sieben Seiten ausbreitet -  dann fällt es mir mitunter schwer, die nötige Geduld aufzubringen.

Haben Sie auch Berühmtheiten unter Ihren Mandant:innen?

Bei mir sind ja in der Regel die Labels bzw. Musikverlage dazwischengeschaltet, daher gehe ich leider nicht mit Beyoncé zum Lunch oder telefoniere mit Mick Jagger. Gleichwohl vertrete ich große Player wie insbesondere Sony und EMI in Deutschland, Italien, Spanien und Skandinavien. Den "Promi-Faktor" habe ich dann in anderen Rechtsgebieten, ich mache neben dem Musikrecht ja auch allgemeines Medienrecht und vertrete viele Künstler und Influencer wie etwa Anne Wünsche im Klagverfahren gegen Oliver Pocher wegen Unterlassung und Schadensersatz. Ganz aktuell betreue ich Tessa Bergmeier rund um ihre Teilnahme an der RTL-Show "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!" in Australien.

Mit Musik und Kunst verbindet man auch immer Internationalität. Reisen Sie beruflich viel?

Überhaupt nicht. Das Branchenfestival findet in Hamburg statt, da kann ich mit dem E-Scooter hin. Ab und an reise ich zu Vergleichsverhandlungen ins Ausland, aber das ist selten. Und natürlich zu Gerichtsverhandlungen in ganz Deutschland, aber diese finden durch Corona zumeist online statt. Im Zeitalter des Videocalls kann man solche Meetings zum Glück nachhaltiger gestalten.

"Sidos ‚MTV Unplugged – Live aus’m MV‘ eins der besten Deutschrap-Alben aller Zeiten"

Was erwarten Sie beruflich vom Jahr 2023?

2021 war trotz Corona sehr gut, 2022 sogar noch besser. So möchte ich mein Glück nicht überstrapazieren und wäre vollends damit zufrieden, wenn es 2023 ebenso läuft. Ansonsten freue ich mich auf spannende Mandate. Das ist das Tolle am Beruf des Anwaltes: Man weiß nie, was kommt.

Eigentlich fragen wir in unseren Small Talks immer, welches Buch unsere Interview-Partner:innen gerne oder aktuell lesen. Sie frage ich: Welche Musik hören Sie am liebsten?  

Ich höre eigentlich fast alles, von Charts bis unbekannt. Derzeit bin ich etwas nostalgisch und kaufe mir Greatest Hits Alben diverser Künstler aus den vergangenen Jahrzehnten. Gern auch Live-Alben, z.B. aus der MTV Unplugged-Reihe. Als Geheimtipp für diejenigen, die deftigen deutschen Hip-Hop/Rap mögen, kann ich nur das Album von Sido namens "MTV Unplugged – Live aus’m MV" aus dem Jahr 2010 empfehlen. Für mich eines der besten Deutschrap-Alben aller Zeiten.

Herzlichen Dank!

Das Interview wurde schriftlich geführt.

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