Die Piratin – Martina Pöser
1977 geboren, mit Job in der niedersächsischen Verwaltung kandidiert die Juristin Martina Pöser nebenberuflich auf Listenplatz 9 der Piraten für die Europawahl. Es ist der erste Wahlkampf der Bremerin und er zehrt an ihren Kräften.
Investitionsschutzverträge wie das Freihandelsabkommen TTIP, über das die USA und die EU aktuell verhandeln, das ist Martina Pösers Thema. Da gerät sie mit einer Geschwindigkeit in Details, die einen kaum hinterherkommen lässt.
Ihre Kritik entzündet sich vor allem daran, dass die Abkommen mittlerweile häufig ihren ursprünglichen Zweck verfehlten. Ging es zunächst noch darum, Unternehmen Sicherheit für ihre Investitionen in Ländern zu geben, die nicht unbedingt viel von rechtsstaatlichen Grundsätzen halten, würden solche Abkommen heute häufig dazu missbraucht, Unternehmen zusätzliche Rechte zum nationalen Recht zu verschaffen. Pöser verweist auf Vattenfall – das schwedische Unternehmen verklagt Deutschland vor einem internationalen Schiedsgericht auf Entschädigung und könnte damit deutlich erfolgreicher sein als die deutschen Energiekonzerne Eon und RWE mit ihren Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe.
Datenschutzreform: "Abweichung nach oben" muss möglich sein
Verbesserungsvorschläge für die Datenschutzreform würden ihr selbstverständlich einfallen. Pöser sorgt sich vor allem darum, dass keine "Abweichung nach oben" möglich sein soll. Das könne sich negativ auf das hohe deutsche Datenschutzniveau auswirken, insbesondere bei der Videoüberwachung.
Wie ihre Partei spricht sie sich gegen die Vorratsdatenspeicherung aus und will Geheimdiensten den Zugriff auf den Datenverkehr technisch erschweren. Internationale Abkommen sollten den Geheimdiensten effektiv Grenzen setzen.
Als Weltverbesserin zu den Piraten
Pöser ist Beamtin beim Land Niedersachsen. Sie berät die Fachverwaltung in juristischen Angelegenheiten und tritt als Rechtsvertreterin auf. Daneben Wahlkampf zu betreiben, sei kräftezehrend, zumal sie die einzige Kandidatin der Piraten in Norddeutschland ist. Abende, Urlaube und Überstunden gingen für Veranstaltungen oder Interviews drauf. Zwar bestehe die Möglichkeit, unbezahlten Sonderurlaub zu geben. Aber das müsse man sich erst einmal leisten können. Bei den Piraten gebe es dafür keinen finanziellen Ausgleich.
2010 ist die Juristin bei den Piraten eingetreten. "Als Weltverbesserin." Sie habe sich zwar "schon immer für Politik interessiert", vor Gründung der Piraten habe sie mit der Parteienstruktur aber nicht viel anfangen können. "Die Piraten waren meine erste große Liebe." Die Kultur der Partei habe ihr auf Anhieb gefallen. Jeder könne überall mitmachen, ohne "jahrelang buckeln zu müssen". Die Piraten seien die erste Partei gewesen, deren Positionen sie uneingeschränkt habe teilen könne.
Pöser kandidiert das erste Mal bei einer Wahl. Ein Mandat auf Bundes- oder Landesebene interessiere sie nicht. "Wenn, dann Europa, an die Quelle", sagt sie. "Dort werden heute die Grundsatzentscheidungen getroffen."
Sollte es dieses Mal nicht klappen, was mit Blick auf ihren Listenplatz wahrscheinlich ist, will Pöser erst wieder bei der nächsten Europawahl kandidieren – da ist sie konsequent. Außerdem bleibe genug außerparlamentarische Arbeit. Sei März ist sie stellvertretende Vorsitzende der Europäischen Piratenpartei, Mitglied bei Democracy International und aktiv bei Organisationen wie der Humanistischen Union.
Foto: Piratenpartei Deutschland