Freispruch macht den "perfekten Mord" perfekt Im Jahr 1854 heiratete die vermögende Brauerei- und Landgutbesitzerin Katharina Loher den deutlich jüngeren Mediziner Dr. Johann Sandner, der in der sozialen Hackordnung der niederbayerischen Kleinstadt Osterhofen rasch aufstieg. Während seine Gattin nach der Geburt zweier Töchter einem Hausfrauenalkoholismus verfiel, pflegte Sander sexuelle Kontakte mit Wirtshauskellnerinnen. Am 30. Juni 1875 starb Katharina Sandner nach der Einnahme einer Tinktur, die ihr Gatte beschafft hatte. Bereits am Tag nach der Bestattung versprach Sandner einer der besagten Kellnerinnen die Ehe, was im Herbst des gleichen Jahres publik wurde. Nach ersten Ermittlungen durch einen zugereisten Untersuchungsrichter flieht Sandner mit seiner neuen Verlobten nach London, kehrt aber zurück, als es fälschlich heißt, die Ermittlungen seien eingestellt worden. Im Schwurgerichtsprozess, der am 4. Juli 1876 in Straubing beginnt, liegen – für den Stand der damaligen Justiz – überaus belastende Beweismittel vor: Liebesbriefe mit fast unverhohlenen Todeswünschen an die Adresse seiner Gattin, Strychninkäufe, ein Obergutachten Würzburger Medizinprofessoren, die eine Strychninvergiftung für wahrscheinlich halten. Nur ein möglicher naturwissenschaftlicher Beweis war durch den späten Ermittlungsbeginn nicht mehr verfügbar. Der mit königlich-bayerischen Auszeichnungen dekorierte, vermögende und angesehene Arzt wurde nach dreitägigem Prozess von den Geschworenen freigesprochen, die sich dazu nicht länger als eine halbe Stunde beraten mussten. Der wegen seiner Umstände – Flucht aus Bayern über London mit Ziel Chicago – seinerzeit berüchtigte Fall, wird zu den zahllosen Fehlurteilen durch die basisdemokratische Schwurgerichtsbarkeit gezählt. Osterhofen heute - Marktplatz; High Contrast; Quelle; CC BY-SA 2.0 DE; Zuschnitt & Skalierung: LTO