Europäischer Gerichtshof, Europäisches Gericht und Gerichtshof der Europäischen Union
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Sitz in Luxemburg ist das wichtigste der drei EU-Gerichte. Er bildet die Rechtsmittelinstanz für Entscheidungen des Gerichts der Europäischen Union (EuG), und entscheidet – in Ausnahmefällen – auch über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Gerichts für den öffentlichen Dienst der Europäischen Union (EUGöD), die zuvor vor dem EuG angegriffen wurden.
Gemeinsam bilden diese drei Gerichte das Gerichtssystem der EU, welches in einer eher verwirrenden Namenswahl seinerseits wiederum als Gerichtshof der Europäischen Union (CURIA, auch CVRIA) bezeichnet wird.
Der EuGH besteht aus 28 Richtern und neun Generalanwälten, die jeweils von mehreren wissenschaftlichen Mitarbeitern bei der Arbeit unterstützt werden. Weil sie bei der hohen Zahl der Klagen dennoch kaum hinterherkommen, strebt der EuGH eine Verdopplung auf 56 an. Präsident ist seit Oktober 2015 der Belgier Koen Lenaerts. Seine Amtszeit endet nach drei Jahren, er kann jedoch beliebig oft wiedergewählt werden, was in aller Regel auch mehrere Male geschieht.
Als erste und einzige Instanz ist er zuständig für sogenannte Vertragsverletzungsverfahren, in denen die Europäische Kommission - oder (selten) ein Mitgliedstaat - einen Mitgliedstaat wegen Verletzung seiner Pflichten aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verklagt. So beispielsweise, weil diese eine europäische Richtlinie nicht bzw. nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben, aktuell in zahlreichen Fällen auch wegen Verstößen gegen europäische Asylbestimmungen. Die zweite zentrale Funktion des EuGH ist die einheitliche Beantwortung offener Auslegungsfragen des europäischen Rechts. Die einfachen Gerichte der Mitgliedstaaten können sie ihm vorlegen – oder müssen es sogar, sofern sie die letzte Instanz im nationalen Rechtszug bilden.
Eine gängige Kritik am EuGH besteht in der Behauptung, er überdehne die Reichweite des europäischen Rechts und greife in die nationalen Kompetenzbereiche der Mitgliedstaaten ein. Auf der anderen Seite gehe er mit rechtlich fragwürdigen Gesetzen der EU zu nachlässig um. In den vergangenen beiden Jahren hoben die Luxemburger Richter allerdings in zwei vielbeachteten Entscheidungen erst die europäische Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung und dann das europäisch-amerikanische Safe-Harbor-Abkommen auf.
Foto: EuGH, Luxembourg; Gerichtshof der Europäischen Union / G. Fessy, Quelle, Zuschnitt & Skalierung durch LTO