Richard von Weizsäcker (1920-2015), Ambivalenzen werden übersehen
Ernst von Weizsäcker, der Vater des späteren Bundespräsidenten, wurde am 14. April 1949 im Wilhelmstraßen-Prozess, einem der Nürnberger Prozesse, als Verbrecher gegen die Menschlichkeit zu fünf Jahren Haft verurteilt, wegen seines Tatbeitrags zur Deportation französischer Juden nach Auschwitz.
Einer der Hauptverteidiger Ernst von Weizsäckers war Hellmut Becker (1913-1993), der später als Bildungsfunktionär eine unrühmliche Rolle in der Affäre um die Odenwaldschule spielte. Als Hilfsverteidiger seines Vaters trat Richard von Weizsäcker an, der nach dem Kriegsdienst ein Studium der Rechtswissenschaft begonnen hatte, das er 1950 abschloss.
Das Verfahren gegen seinen Vater, der einschließlich der Untersuchungshaft gut drei Jahre alliierter Gefangenschaft zu erdulden hatte, wurde von Richard von Weizsäcker, soweit erkennbar, stets als historisches und moralisches Unrecht betrachtet.
Anlässlich einer Konferenz zum Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess von 1945/46 wurden unlängst einige unfeine Seiten erwähnt, beispielsweise das Fehlen einer Revisionsinstanz. Aber auch, dass Richter und Ankläger gemeinsam zu Mittag aßen, in diesem hungernden Trümmer-Nürnberg, und sich bei den Affären mit ihren Sekretärinnen abwechselten.
(Bild © wikimedia-commons / Bundesarchiv, Bild 146-1991-039-11 / CC-BY-SA)