Wenn der Wurm drin ist …: In einem vor dem Amtsgericht (AG) Aalen verhandelten Fall verlangte der Kläger Schmerzensgeld, weil er beim Weihnachtsessen mehrere Würmer in einem Glas mit Bio-Paprika gefunden hatte (Urt. v. 16.09.1999, Az. 3 C 811/99). Er und seine Familie seien bei dem Anblick von einem Ekelgefühl überfallen worden, das gemeinsame Essen habe wegen Erbrechenserscheinungen ein abruptes Ende gefunden. Und nicht nur das. Nach den Ausführungen im Tatbestand haben den Kläger "die Würmer in dem Paprikaglas (…) derart gewurmt, dass ihm ein Stück Lebensfreude entgangen sei".
Vor Gericht biss er damit auf Granit. Das AG erklärte, dass jeder Mensch im Laufe seines Lebens immer wieder auf Würmer treffe, ohne dass dies zu krankhaften Erscheinungen führe: "Nicht nur bei der Landbevölkerung, sondern auch bei der mit der Natur nicht ganz so verbundenen Stadtbevölkerung ist der Anblick eines Regenwurms nichts Außergewöhnliches". Deshalb sei auch noch "niemand auf die Idee gekommen, den Eigentümer eines Grundstücks wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, weil sich ein Regenwurm auf dessen Grundstück bewegt".
Dabei erkannte das Gericht durchaus, dass ein Wurm im Garten etwas anderes ist als im Paprikaglas: "Bei sogenannten zivilisierten Menschen steht der Wurm – anders als bei Ureinwohnern Australiens, Afrikas oder Südamerika, Überlebenskünstlern und etwa Vögeln – nicht auf dem Speiseplan." Und "auch bei Käufern von Bio-Ware, die normalerweise kein gestörtes Verhalten zur Natur haben, ist ein Wurm nicht das tägliche Brot". Es entspreche aber der Lebenserfahrung, dass man beim Verzehr von Speisen auch einmal kleinere Würmer vorfinden kann.
Die Voraussetzungen von Schadensersatz bei traumatisierenden Ereignissen, dem sogenannten Schockschaden, sah das Gericht nicht erfüllt. "Schließlich", so das AG Aalen, sind "zwei tote Würmer (…) etwas völlig anderes als der Tod eines nahen Angehörigen". Fazit des Gerichts: "Somit lässt sich der Verdacht nicht völlig ausschließen, dass die vom Kläger beschriebenen Symptome mit dadurch verursacht wurden, dass der Kläger verschiedene Zeitungsartikel gelesen hat über Urteile aus dem Land der unbegrenzten (Schmerzensgeld-)Möglichkeiten".
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