Wegen Corona-Pandemie

NRW sagt kurz­fristig Ein­stel­lung von Rechts­re­fe­ren­daren ab

von Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten

Das bevölkerungsreichste Bundesland der Republik hat beschlossen, zum Apriltermin keine Rechtsreferendare einzustellen – zwei Wochen vor dem geplanten Dienstbeginn. Viele betroffene Bewerber geraten damit in finanzielle Schwierigkeiten.

Heute erfahren, dass die für morgen geplante Prüfung ausfällt? So erging es kürzlich manchem  Examenskandidaten aus NRW. Am Dienstag, 17. März, hatten sich Behördenleiter im Landesjustizministerium getroffen und als Reaktion auf die Corona-Pandemie teils drastische Einschränkungen des Prüfbetriebs in der Juristenausbildung des Landes beschlossen.

Eine weitere Maßnahme, die die Verantwortlichen während der Beratungen ebenso beschlossen haben, sorgt nun für noch mehr Empörung als die extrem kurzfristig ausgefallenen Prüfungen: Das Land wird zum April keine Rechtsreferendare einstellen. Kurz vor dem geplanten Dienstbeginn stehen damit nicht wenige der betroffenen Referendariatsbewerber vor finanziellen Problemen, weil sie sich bei ihrer Lebensplanung auf den Beginn ihres juristischen Vorbereitungsdienstes in NRW verlassen haben.

So erreichten LTO über das Wochenende gleich mehrere Zuschriften, in denen Betroffene von ihren Problemen berichten. Die alte Wohnung aufgegeben, extra in eine neue Stadt gezogen, den bisherigen Job gekündigt –  "und jetzt erst einmal kein festes Einkommen, mit dem man natürlich kalkuliert hat", wie einer der Betroffenen, die aus Sorge vor Nachteilen in ihrer weiteren Juristenausbildung anonym bleiben möchten,  im Gespräch mit LTO sagt.

Anzeige

Bewerber für Köln: "Viele von uns haben mehr oder weniger zufällig davon erfahren"

Das Landesjustizministerium begründet die abgesagten April-Einstellungen damit, dass angesichts des sich verbreitenden Coronavirus keine Einführungsveranstaltungen vor Ort möglich seien. Viele der Betroffenen wenden dagegen ein, dass man diese ja auch online abhalten könne. Dazu heißt es auf LTO-Anfrage aus dem Landesjustizministerium: Man prüfe, "inwieweit und auf welche Weise Veranstaltungen digital durchgeführt werden können. Gespräche mit den örtlichen Ausbildungsleitungen finden statt."

Speziell die Bewerber im OLG-Bezirk Köln kritisieren neben der Kurzfristigkeit der Entscheidung noch etwas anderes: "Die Art und Weise, wie das jetzt gekommen ist. Es ist nicht nur sehr kurzfristig beschlossen worden. Wir haben nicht einmal Bescheid bekommen. Viele haben das mehr oder weniger zufällig über die Ankündigung auf der Webseite des Oberlandesgerichts Köln erfahren", berichten mehrere Betroffene übereinstimmend. Nach LTO-informationen hat das OLG Köln am selben Tag, an dem dieser Artikel erschienen ist, offenbar nachträglich eine erläuternde Mail an alle Bewerber versandt.

Auf die konkrete LTO-Anfrage, ob die betroffenen Referendariatsbewerber – unabhängig von ihrem jeweiligen OLG-Bezirk - wirklich nicht gesondert etwa per Mail oder Anruf über die Maßnahme unterrichtet worden waren, heißt es seitens des NRW-Justizministeriums lediglich: "Die betroffenen Personen wurden individuell durch die für die Ausbildung zuständigen Oberlandesgerichte bzw. die Landgerichte informiert."

"Die Entscheidung ist dem Ministerium nicht leicht gefallen"

In Düsseldorf betont man ausdrücklich: "Die Entscheidung ist dem Ministerium der Justiz unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Schwierigkeiten der zukünftigen Referendarinnen und Referendare nicht leicht gefallen. Insofern besteht volles Verständnis für eine gewisse Enttäuschung." Die kurzfristige Entscheidung sei der dynamischen Entwicklung der Ausbreitung der COViD-19-Erkrankung geschuldet.

Und jetzt? Neueinstellungen sollen möglichst bald wieder erfolgen, nach derzeitigem Stand bereits im kommenden Mai, wie ein Ministeriumssprecher gegenüber LTO sagte. "Dies hängt selbstverständlich von der weiteren Entwicklung ab." Man überlege auch - sollte es die Lage zulassen -, gegebenenfalls die doppelte Anzahl an Bewerbern einzustellen, sodass es in den Folgemonaten nicht zu Verzögerungen kommt.

Einen, vielleicht auch zwei Monate überbrücken – das bekommen die meisten Betroffenen, die sich bei LTO gemeldet haben, "schon irgendwie hin", wie sie sagen. Eltern, Familie, Freunde helfen aus, manche haben Glück, dass ihr bisheriger Chef sie für einige Wochen wieder flexibel einstellt. Das Vertrauen in ihren künftigen Dienstherrn ist aber dahin, wie einer der Betroffenen sagt: "Natürlich ist die Coronakrise eine anstrengende Zeit, da muss man aufeinander Rücksicht nehmen. Aber so, wie man jetzt mit uns umgesprungen ist, hat sich die Justiz, die vielerorts so händeringend Juristennachwuchs sucht, sicher keinen Gefallen getan."

Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.

Thema:

Referendariat

Verwandte Themen:
  • Referendariat
  • Coronavirus
  • Gesundheit
  • Justiz
  • Instagram-News

Teilen

Ähnliche Artikel

Newsletter