Wer Terrorangriffe feiert, macht sich gem. § 140 StGB strafbar. Das VG Köln verhandelt über die Haftungsprivilegierung von Impfstoffherstellern. Syrien wurde wegen Staatsfolter vor dem IGH verklagt.
Thema des Tages
Billigung des Hamas-Terrors: In Berlin sollen 65 Personen die Terrorangriffe der Hamas in Israel bejubelt haben. Die Berliner Polizei hat in der Folge Strafverfahren wegen Billigung von Straftaten gem. § 140 StGB eingeleitet, berichtet LTO. Die SZ (Ronen Steinke) stellt zudem fest, dass die gem. § 140 StGB erforderliche Gefährdung des öffentlichen Friedens gegeben sei. Solche Hamas-Jubelfeiern könnten außerdem gem. § 14 Versammlungsgeseetz Berlin verboten werden. Vereine, die Judenhass verbreiten, wie das Netzwerk Samidoun, könnten gem. Art 9 Abs. 2 GG ebenfalls verboten werden. Wer Terrortaten billigt, kann ausgewiesen werden. Abschiebungen nach Gaza seien derzeit aber faktisch nicht möglich.
Ronen Steinke (SZ) fordert in einem separaten Kommentar, dass der Staat von den gesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch macht. "Solche Verbote sind erforderlich, und sie sind zur Gefahrenabwehr auch geeignet."
Rechtspolitik
Cannabis: Abgeordnete von Grünen und FDP fordern vor der ersten Bundestags-Lesung zum Cannabisgesetz am Freitag massive Änderungen am Regierungsentwurf. Sie sprachen sich insbesondere gegen eine Regelung im geplanten Gesetz aus, die den Cannabiskonsum im Umkreis von 200 Metern von Schulen, Kitas, Kinderspielplätzen, Jugendzentren, öffentlichen Sportstätten und den geplanten Anbauvereinigungen verbietet. LTO (Hasso Suliak) gibt einen Überblick über den aktuellen Diskussionsstand.
Justiz
VG Köln – Corona-Impfschaden: Das Verwaltungsgericht Köln verhandelt an diesem Dienstag erstmals über die Rechtmäßigkeit der Haftungsprivilegierung für Corona-Impfstoffhersteller, die der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) im Mai 2020 per Verordnung erlassen hatte. Es klagt ein Mann, der durch eine Covid-Impfung einen Hirninfarkt erlitten habe. Er hält die Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für eine Umgehung der Gefährdungshaftung des Arzneimittelgesetzes. Diese sei zudem unverhältnismäßig; die Zahl der Todesfälle durch eine Coronainfektion sei zu gering, um eine solche Haftungserleichterung zu rechtfertigen. Die FAZ (Katja Gelinsky) berichtet.
BVerfG zu Wahlergebnissen im ZDF: Die Tierschutzpartei ist auch vor dem Bundesverfassungsgericht mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung gescheitert, der auf die Nennung der Partei durch NDR und ZDF bei der Darstellung der Landtags-Wahlergebnisse von Bayern und Hessen gerichtet war. Die Begründung des BVerfG liegt noch nicht vor. Es berichten FAZ (Jochen Zenthöfer) und beck-aktuell.
BVerfG – Fragerecht/Gesetzgebungspraxis: Nun berichtet auch LTO über die Organklage der Unionsfraktion wegen der mangelhaften Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage im Bundestag. Die Fraktion der CDU/CSU wollte von der Bundesregierung wissen, wie sie bei der Erarbeitung von Gesetzentwürfen vorgehe. Die Regierung hatte jedoch die Auskunft verweigert, da diese "mit zumutbarem Aufwand" nicht möglich sei.
BGH zu falscher Gerichtsbezeichnung bei beA-Versand: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Übersendung einer Berufungsbegründung an das falsche Gericht zulasten des per beA versendenden Rechtsanwaltes geht, wenn dieser nicht nochmals nachprüft, ob seine Angestellte bei ersichtlichen Unsicherheiten im Empfängerverzeichnis das korrekte Gericht auswählt. Der Rechtsanwalt hatte, wie beck-aktuell berichtet, die Berufungsbegründung an das Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen statt an das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg versandt und deshalb Wiedereinsetzung beantragt.
OLG Koblenz zu Anschlag auf Asylheim Saarlouis: Das Oberlandesgericht Koblenz hat den angeklagten Rechtsextremisten Peter Werner S. wegen Mordes, versuchten Mordes und besonders schwerer Brandstiftung verurteilt. Er habe 1991 aus rassistischer Gesinnung einen Brandanschlag auf ein Asylheim in Saalouis verübt, bei dem der 27-jährige ghanaische Asylbewerber Samuel Kofi Yeboah ums Leben kam. S. wurde zu einer Jugendstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten verurteilt, da er zum Zeitpunkt der Tat erst 20 Jahre alt war. SZ (Benedikt Warmbrunn) und FAZ (Marlene Grunert/Timo Steppat) berichten.
OLG Hamburg zu IS-Anhängern: Das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg hat zwei junge Männer wegen Unterstützung der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt. spiegel.de berichtet.
LG Berlin zum Aufzugs- und Rolltreppenkartell: Das Landgericht Berlin hat der Deutschen Bahn, städtischen Betrieben und vier Kommunen rund 18,5 Millionen Euro Schadenersatz zugesprochen. Sie seien durch Preisabsprachen im sogenannten Aufzugs- und Rolltreppenkartell geschädigt worden, bei dem Unternehmen wie Thyssenkrupp, Otis, Kone und Schindler die Preise künstlich erhöhten. Die bereits vor 13 Jahren eingelegte Klage betrat Neuland, weil die Ermittlung der Schadenshöhe in solchen Fällen schwierig ist, wie die FAZ (Corinna Budras) berichtet.
LG Berlin zu Reichelt vs. Schulze: Nius-Redakteur Julian Reichelt darf weiter verbreiten, dass die Bundesregierung den Taliban Entwicklungshilfe zahlt. Das Landgericht Berlin lehnte die von Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze beantragte einstweilige Anordnung ab. Laut FAZ (Michael Hanfeld) sah das Gericht in der Äußerung ein Werturteil und keine Tatsachenfeststellung. Die Äußerung begründe weder einen deliktsrechtlichen Unterlassungsanspruch noch eine Strafbarkeit wegen Beleidigung.
LG Düsseldorf – Deutsche Post: Der DVS (Deutscher Versandservice) verlangt vor dem Landgericht Düsseldorf von der Deutschen Post/DHL Schadensersatz in Höhe von 981 Millionen Euro. DVS begründet die Klage damit, dass dem Unternehmen durch den 2019 gerichtlich festgestellten Missbrauch ihrer Marktstellung durch die Post im Zeitraum von 2012 bis 2020 Gewinne in dieser Höhe entgangen seien, so die FAZ (Jonas Jansen).
LG Berlin - gefolterter Entwicklungshelfer: Voraussichtlich an diesem Dienstag beginnt vor dem Landgericht Berlin der Zivilprozess zwischen einem Entwicklungshelfer und seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Hilfsorganisation Cadus, berichtet die FAZ (Gregor Grosse). Der Kläger sollte in Syrien für die Organisation arbeiten, wurde jedoch von syrischen Sicherheitskräften in ein Gefängnis verschleppt und dort gefoltert. Erst nach 47 Tagen kam er wieder frei. Der Mann verlangt nun Schadensersatz und Schmerzensgeld von Cadus wegen eines mangelhaften Sicherheitskonzepts, Verletzung von Fürsorgepflichten sowie unzureichender medizinischer und psychologischer Nachbetreuung.
Cum-Ex-Verfahren bei der StA Köln: Nun berichten auch SZ (Klaus Ott) und LTO, dass der nordrhein-westfälische Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) zunächst darauf verzichtet, für die Ermittlungen in Cum-Ex-Verfahren bei der Kölner Staatsanwaltschaft eine zweite Hauptabteilung einzurichten. Limbach wolle am Mittwoch mit Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker über das weitere Vorgehen sprechen.
Recht in der Welt
IGH/Syrien – Staatsfolter: An diesem Dienstag beginnt vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) eine mündliche Verhandlung um Staatsfolter in Syrien. Die Niederlande und Kanada haben Syrien 2023 unter Berufung auf die Anti-Folter-Konvention, die auch Syrien unterzeichnet hat, verklagt und zugleich einstweilige Maßnahmen des IGH beantragt. In der jetzt beginnenden Verhandlung geht es nur um die einstweiligen Anordnungen. Ob Syrien am Verfahren teilnimmt, ist noch offen. LTO (Franziska Kring) berichtet.
Gaza/Israel - Geiselnahme: Auf dem Verfassungblog weisen 25 israelische Völkerrechtler:innen (in englischer Sprache) darauf hin, dass die Geiselnahmen der Hamas-Kämpfer in Israel illegal sind und fordern die sofortige Freilassung.
Sonstiges
Libra: Inhalte des mittlerweile wegen mangelnder Staatsferne beendeten journalistischen Onlinemagazins "Libra" befinden sich noch immer auf der Internetseite des vom Bund kontrollierten Rechtsdienstleisters Juris. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) verlangte die sofortige Löschung der Inhalte, wie die FAZ (Jochen Zenthöfer) berichtet.
Klimazoll: Das Hbl (Alexander Pradka) stellt den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) der Europäischen Union, ein CO2-Grenzausgleichssystem, vor, das am 1. Oktober 2023 in Kraft getreten ist. Es betrifft Unternehmen in der EU, die bestimmte Güter, wie Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, aus Nicht-EU-Ländern importieren. Wenn dort kein angemessener CO2-Preis verlangt wird, muss bei der Einfuhr in die EU eine Ausgleichsabgabe bezahlt werden. Die Verordnung soll verhindern, dass Unternehmen aus der EU ihre ermissionsträchtige Produktion in Nicht-EU-Länder ohne CO2-Bepreisung verlagern.
Ehe und Steuern: Der Finanzanalytiker Volker Looman gibt in seiner FAZ-Kolumne einen Überblick über die steuerrechtliche Behandlung von Lebenspartner:innen und Ehegatt:innen, insbesondere betont er die erbschaftssteuerrechtlichee Vorteile der Ehe.
Das Letzte zum Schluss
Fliegendes Handy: In Emmerich hat ein kurioser Notruf, bei dem eine weinende Frau zu hören war, einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Laut bild.de stellte sich jedoch heraus, dass sich ein Paar am Rhein gestritten hatte, wobei eine Person ihr Mobiltelefon wegwarf. Beim Aufprall hatte der Sensor die hohe Beschleunigung registriert und einen automatischen Notruf abgesetzt. Die 45 Einsatzkräfte rückten daraufhin wieder ab.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
LTO/lkh/chr
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Die juristische Presseschau vom 10. Oktober 2023: . In: Legal Tribune Online, 10.10.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52878 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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