Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2017: BVerfG zu Stu­di­en­platz­ver­gabe / Öff­ent­lich­keits­fahn­dung in der Kritik / Kar­tellamt gegen Face­book

20.12.2017

Justiz

BVerwG zu Elbvertiefung: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Klagen mehrerer Hauseigentümer aus Blankenese und Övelgönne gegen die Elbvertiefung abgewiesen. Sicherheit des Elbhangs sowie Gesundheit und Eigentum der Anwohner seien nicht gefährdet, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Bauarbeiten könnten trotzdem noch nicht beginnen, da zunächst die Behörden ihre Planungen für den sogenannten Umweltausgleich nachbessern müssten. Das hatte das Bundesverwaltungsgericht in einem früheren Urteil entschieden, wie die FAZ (Christian Müßgens) schreibt.

LG Bremen – VW-Garantiezusagen: Der Verbraucherzentrale Bundesverband will vor dem Landgericht Bremen klären, ob VW-Vertragshändler für etwaige Folgeschäden der Nachrüstung durch VW haften. Eine entsprechende Klage hat der Verband bereits im November eingereicht, wie die FAZ (Marcus Jung) berichtet. In dem zugrunde liegenden Fall hat der VW-Kunde zunächst eine Garantiezusage verlangt und ist nach Verweigerung durch den Händler vom Kaufvertrag zurückgetreten.

Klage gegen Lkw-Kartell: Die Bahn, die Bundeswehr und 40 weitere Unternehmen wollen nach Informationen der SZ (Markus Balser) Klage gegen mehrere Lkw-Hersteller einreichen. Sie werfen ihnen illegale Preisabsprachen vor. Es geht um 35.000 Fahrzeuge im Einkaufswert von zwei Milliarden Euro.

ArbG Regensburg – Asyl-Entscheider: Das Arbeitsgericht Regensburg hat zu erkennen gegeben, dass es die Klage eines 59-Jährigen abweisen wird, der 2016 zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge kam und die Eingruppierung in eine höhere Gehaltsstufe forderte. Trotz zwischenzeitlicher Personalnot beim Bundesamt geht das Gericht laut SZ (Bernd Kastner) davon aus, dass der Mann nicht eingestellt wurde, um den Personalbedarf im Sinne des Tarifrechts zu decken.

OLG München – NSU-Prozess: Gisela Friedrichsen (Welt) befasst sich mit der Rolle der Nebenklage im NSU-Prozess. Die Nebenklagevertreter würden unterschiedlich im Prozess agieren. Zuletzt habe die Anwältin Angela Wierig für Aufsehen gesorgt, als sie die Justiz vor dem Vorwurf des institutionellen Rassismus in Schutz nahm.

AG Hamburg – Polizeizeugen bei G20-Prozess: In einem Strafverfahren gegen einen G20-Demonstranten vor dem Amtsgericht Hamburg soll ein Polizeizeuge angegeben haben, sich mit einem Ordner auf die Vernehmung vorbereitet zu haben, in dem alle Vernehmungsprotokolle gesammelt sind. Das berichtet die taz (Katharina Schipkowski) unter Berufung auf Prozessbeobachter. Zudem soll ein privater Ordner unter Polizeibeamten die Runde gemacht haben. Anwälte kritisieren, dass es so unmöglich sei, Erinnerungslücken und Falschaussagen aufzudecken.

Polizei Hamburg – Öffentlichkeitsfahndung zu G20-Protesten: Die SZ (Thomas Hahn) berichtet jetzt auch über die öffentliche Fahndung nach mutmaßlichen Straftätern, die an den G20-Protesten teilgenommen haben sollen.

Heribert Prantl (SZ) hält die Fahndung für rechtswidrig. Keiner wisse, ob die auf den Fotos abgebildeten Personen Straftaten begangen hätten. Die Polizei werfe G20-Kritiker in einen Topf mit Gewalttätern. Jost Müller-Neuhof (Tsp) meint hingegen, auf Ausnahmegewalt mit einer Ausnahmefahndung zu reagieren, sei nicht zu beanstanden. Beachtung verdiene jedoch der Nebeneffekt, dass "Strafverfolgung und polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit stetig ineinanderfließen".

VGH Mannheim zur Anwesenheitspflicht von Studierenden: Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim hat in einer Entscheidung vom 21. November eine Prüfungsordnung der Universität Mannheim wegen Unbestimmtheit verworfen, die Dozenten erlaubte, eine Anwesenheitspflicht in ihren Lehrveranstaltungen einzuführen. Marco Penz ordnet auf juwiss.de das Urteil ein und prüft, ob eine hinreichend bestimmte Regelung verfassungsmäßig wäre. Es spreche einiges dafür, dass Art. 5 Abs. 3 GG auch die Lernfreiheit schütze und ein Recht auf Fernbleiben beinhalte. Eine Anwesenheitspflicht sei nur dort verhältnismäßig, wo das Studium ohne Anwesenheit schlechterdings nicht vorstellbar erscheint, wie etwa bei Praktika oder praktischen Übungen.

OLG Hamm zu Ehrendoktortitel: Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem neulich bekannt gewordenen Urteil entschieden, dass ein Vertrag über die Vermittlung eines zweifelhaften Ehrendoktortitels nicht sittenwidrig ist, weil nicht ausgeschlossen sei, dass es bei der Verleihung "jedenfalls auch" um Wissenschaft ging. lto.de (Hermann Horstkotte) stellt das Urteil vor und schildert andere Fälle, in denen über die Verleihung des Titels diskutiert wurde.

Rechtsstandort Deutschland: Im FAZ-Einspruch setzt sich Roman Poseck, Präsident des Oberlandesgerichts Frankfurt, mit dem Werk "Rechtsstandort Deutschland im Wettbewerb" des Juraprofessors Gerhard Wagner auseinander. Die Justiz würde zwar die meisten Verfahren qualitativ hochwertig und in einer überschaubaren Zeit erledigen. Bei wirtschaftlich außergewöhnlich bedeutsamen Streitigkeiten sei Deutschland jedoch nicht wettbewerbsfähig. Statt eines neuen deutschen Handelsgerichts empfiehlt Poseck kleine Schritte, wie die vermehrte Nutzung der englischen Sprache oder attraktivere Internetauftritte der deutschen Justiz.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2017: . In: Legal Tribune Online, 20.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26111 (abgerufen am: 21.11.2024 )

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