Die juristische Presseschau vom 9. November 2011: Länder wollen ver­wahren – Graefen doch OLG-Prä­si­dent – mys­te­riöser Mord­fall auf­ge­klärt

09.11.2011

Die Justizminister der Länder wollen eine Verschärfung der Sicherungsverwahrung. Täter sollen auch bis zu fünf Jahre nach ihrer Entlassung noch in eine "Therapieunterbringung" geschickt werden können. Außerdem in der Presseschau der neue Koblenzer OLG-Präsident, Aufklärung des Heilbronner Polizistin-Mordes, mehr Transparenz dank Informationsfreiheit und vieles andere.

Sicherungsverwahrung: Die taz (Christian Rath) stellt vorab einen Entwurf zur Reform der Sicherungsverwahrung vor, den die Justizministerkonferenz heute beschließen werde. Dieser fordere eine "nachträgliche Therapieunterbringung" für "hochgradig gefährliche" und "psychisch gestörte" Täter, die auch fünf Jahren nach der Entlassung aus dem Strafvollzug noch angeordnet werden können solle.

In einem Kommentar meint Christian Rath (taz), nun sei es "Zeit, sich zu gruseln". Mit der Forderung nach einer nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung zeigten die Länder ein "radikalisiertes Sicherheitsdenken", bei dem ein Zusammenhang zu tatsächlich begangenen Straftaten kaum noch zu erkennen sei.

Weitere Themen – Rechtspolitik

Schultrojaner: Ermano Geuer beschäftigt sich heute in einem Gastbeitrag für lto.de noch einmal eingehend mit dem "Schultrojaner". Die Software sei nicht nur technisch problematisch, sondern greife auch in das "so genannte IT-Grundrecht" der Lehrer ein.

Steuerreform: In einem Interview mit FTD (Mareeke Buttjer) vertritt der Münsteraner Rechtswissenschaftler Henning Tappe die Auffassung, die Steuersenkungspläne der Bundesregierung seien mit der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse vereinbar. Die SPD-Führung erwägt indes den Gang vors Verfassungsgericht.

Weitere Themen – Justiz

Rechtsschutzversicherungen: Das LG Bamberg hat entschieden, dass Rechtsschutzversicherer Vergünstigungen für von ihnen empfohlene Anwälte gewähren dürfen. lto.de berichtet über das Urteil, mit dem die Klage der Rechtsanwaltskammer München zurückgewiesen wurde.

Neuer OLG-Präsident: Wie die FAZ (Thomas Holl) berichtet, wird der bisherige Präsident des Landgerichts Koblenz, Hans-Josef Graefen, nun doch Präsident des Oberlandesgerichts Koblenz. Der Entscheidung des Richterwahlausschusses sei ein Rechtsstreit vorangegangen, der bis zum Bundesverfassungsgericht führte.

Akteneinsicht: In einem Gastbeitrag für die FAZ beschäftigen sich die Rechtsanwälte Henning Berger und Benjamin Schirmer heute auf der Seite "Recht und Steuern" mit einem Grundsatz-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Informationsfreiheitsgesetz. Darin sei das Bundesjustizministerium unterlegen, weil es bestimmte Akten mit dem Verweis auf die Vertraulichkeit der "Regierungsarbeit" nicht zugänglich machen wollte.

Kuckuckskinder: Nun berichtet auch die SZ (Wolfgang Janisch) von der heute anstehenden Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof über den Anspruch eines vermeintlichen Vaters gegen die Mutter auf Auskunft über den wahren Erzeuger des "Kuckuckskindes" und erläutert die Hintergründe der damit verbundenen Entwicklungen im Familienrecht.

Heilbronner Polizistin-Mord: Wie neben anderen Medien die FR (Andreas Förster/Nancy Krahlisch) berichtet, ist der viereinhalb Jahre zurückliegende Mord an einer Polizistin in Heidelberg, einer "der mysteriösesten Kriminalfälle der deutschen Nachkriegsgeschichte", wohl aufgeklärt. Die Spur führe in die thüringische Neonazi-Szene. Die FAZ (David Klaubert/Claus Peter Müller/Peter Schilder/Rüdiger Soldt) beschäftigt sich ausführlich mit den jahrelangen Ermittlungen in dem Fall.

Reemtsma-Entführer: Der Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist zu weiteren 15 Monaten Haft verurteilt worden, so neben anderen zeit.de. Er habe sich der versuchten Erpressung an seinem Bruder schuldig gemacht.

Notwehr: Reinhard Müller (FAZ) beschäftigt sich anlässlich des "Hells Angels"-Urteils des Bundesgerichtshofs ausführlich mit dem Notwehrrecht. Dessen Voraussetzungen seien "offenbar kaum bekannt" und werden vom Autor ausführlich erläutert.

Tomaten-Patent: Anders als erwartet hat das Europäische Patentamt gestern nicht über das umstrittene Patent auf speziell gezüchtete Tomaten entschieden. Der Fall sei wegen grundsätzlicher Fragen an eine übergeordnete Beschwerdekammer überwiesen worden, so die SZ (Katrin Blawat).

Sonstiges

Menschenrechte vor fremden Gerichten: Max Steinbeis (verfassungsblog.de) berichtet heute in englischer Sprache von einem Vortrag von Wolfgang Kaleck, Mitgründer des European Center for Constitutional and Human Rights, am Wissenschaftskolleg in Berlin. Dieser habe die Tendenz, die internationale Zuständigkeit von Gerichten bei schweren Menschenrechtsverbrechen zu nutzen, um Täter im Ausland zu verurteilen, kritisch beleuchtet. Es bestehe die Gefahr eines neokolonialen Missbrauchs.

Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.

Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

 

lto/thd

 

(Hinweis für Journalisten)

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 9. November 2011: . In: Legal Tribune Online, 09.11.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/4756 (abgerufen am: 22.11.2024 )

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