Recht in der Welt
EU-Türkei-Deal: Die Türkei soll das Rücknahmeabkommen mit der EU suspendiert haben, bis die EU türkischen Bürgern eine visafreie Einreise gewährt, schreibt die Montags-taz (Jürgen Gottschlich) unter Berufung auf türkische Medien. Die EU hingegen verweigert die Visafreiheit, bis die Türkei ihre Anti-Terrorgesetze anpasst. Die taz betont, die Entscheidung sei Ende Mai gefallen, demnach keine Reaktion auf die Armenien-Resolution.
Jürgen Gottschlich (Montags-taz) moniert in einem separaten Kommentar, dass der gesamte Deal ohnehin auf "rechtsstaatlicher Skrupellosigkeit" beruhe und die EU erst Skrupel entdeckt habe, als es um einen Punkt ging, der auch normalen türkischen Bürgern helfen würde. Er versteht daher, dass die Türkei sich von der EU betrogen fühlt und hofft, dass der vorerst geplatzte Deal letztlich eine menschenwürdige Flüchtlingslösung bedingt.
Schweiz – Bedingungsloses Grundeinkommen: Am gestrigen Sonntag hat in der Schweiz die Mehrheit der Abstimmenden (78 Prozent) abgelehnt, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen. Damit ist die weltweit erste Volksabstimmung zur Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens gescheitert. Die Montags-taz (Andreas Zumach) beschreibt den Vorschlag; die Initiatoren seien mit 22 Prozent Zuspruch zufrieden. Auch die Montags-FAZ (Johannes Ritter) schreibt über die Initiative. Die Montags-Welt (Jan Dams) zeichnet die Debatte nach.
Polen – Verfassungskrise: Für eine Verfassungskrise, wie die polnische, gibt es keine politische Lösung, meint verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis). Jeder Kompromiss sei ein Fehler. Die EU-Kommission dürfe daher nicht locker lassen bis zur vollständigen Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit.
Russland – EGMR-Urteil: Auf verfassungsblog.de befasst sich die Studentin Alsu Galiautdinova mit den Folgen einer Entscheidung des russischen Verfassungsgerichts, welches das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, auch Inhaftierten stehe ein Wahlrecht zu, für nicht vollstreckbar erklärte.
Türkei – Abgeordnetenimmunität: Das türkische Verfassungsgericht hat die Klagen einiger Oppositionspolitiker, welche gegen die Aufhebung ihrer Immunität vorgehen wollten, abgewiesen. Noch seien die Gründe der Richter unbekannt, meldet spiegel.de.
Sonstiges
Morddrohungen gegen Maas: Justizminister Heiko Maas (SPD) sieht sich mit Morddrohungen konfrontiert, wie zeit.de unter Berufung auf ein Interview in der BamS meldet. Maas' Angreifer kämen laut eigenen Angaben aus der rechten Szene. Er betont allerdings: "Unsere Demokratie ist stark genug, um auch Rechtspopulisten auszuhalten."
Politische Beleidigung: Die Bundesregierung stellte unter Konrad Adenauer hunderte Strafanträge wegen politischer Beleidigung, die allein bis Ende 1952 zu mehreren Dutzend Gefängnisstrafen von durchschnittlich drei Monaten führten. Das geht aus Akten im Bundesarchiv hervor, aus denen der Spiegel (Felix Bohr/Klaus Wiegrefe – verkürzte Onlinefassung) zitiert.
Wohnungseinbrüche: In einem Gastbeitrag für die Montags-SZ erklärt Kriminologe Christian Pfeiffer, warum es nicht zweckmäßig ist, die Strafandrohung für Wohnungseinbrüche zu erhöhen – dies hatte Volker Kauder (CDU) gefordert. Kriminologisch belegt ist, dass nicht die Höhe der möglichen Strafe potentielle Straftäter abschreckt, sondern die vermutete Wahrscheinlichkeit erwischt zu werden. Pfeiffer erläutert, warum er daher ein "taugliches Präventionskonzept" begrüßen würde.
Interview mit EU-Wettbewerbskommissarin: Der Focus (Daniel Goffart/Mirjam Moll) spricht mit EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager über Brexit, den (teilweise) kritischen Zustand der EU, über ihren Einsatz für fairen Wettbewerb, über den Fall Google sowie über Steuerabsprachen und mögliche Steuerreformen.
Fall Corelli: Angesichts neuer Fundstücke im Fall Corelli, die den NSU-Ermittlern schon vor Jahren ausgehändigt hätten werden müssen, hat sich Verfassungsschutzpräsident Maaßen vor den Ausschüssen über die Missachtung von Dienstanweisungen in seiner Behörde beschwert, schreibt die FAS (Peter Carstens). Im Interview mit der Samstags-SZ (Ronen Steinke) spricht der ehemalige Grünen-Abgeordnete Jerzy Montag, der vom Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags erneut als Sonderermittler eingesetzt wurde, darüber, warum ihm zuvor nicht die ganze Wahrheit gesagt wurde.
NSA-Untersuchungsausschuss: Der Bundestag hat sich darauf geeinigt, den Untersuchungsauftrag für den NSA-Untersuchungsausschuss zu erweitern. Wie netzpolitik.org (Anna Biselli) schreibt, soll es dabei um die Aufklärung der BND-eigenen Selektoren gehen.
Freiheitsberaubung: Angesichts des Vorfalls im sächsischen Arnsdorf, bei dem vier Männer einen Iraker an einen Baum banden, beantwortet die Samstags-SZ (Jan Heidtmann) die Frage, ob Bürger einen anderen Menschen fesseln dürfen. Grundsätzlich sei dies eine Freiheitsberaubung und damit ein gravierender Grundrechtseingriff, der jedoch durch das sogenannte Jedermannsrecht gerechtfertigt sein könne.
Affen als Person? Anlässlich eines sogenannten Affenprozesses in New York befasst sich der Lektor Martin Rath auf lto.de mit den juristischen Auseinandersetzungen (insbesondere in den USA) darüber, ob Affen als Person gesehen werden können.
Das Letzte zum Schluss
Lieber Apartment als Knast: Ein reicher Geschäftsmann möchte vor einem Gericht in New York Sonderkonditionen für seine Zeit in U-Haft aushandeln. Statt im Gefängnis möchte er lieber in einem bewachten Apartment auf den Beginn seines Prozesses warten. Bei einem Fluchtversuch würde er auf sich schießen lassen, schreibt spiegel.de.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ml/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 4. bis 6. Juni 2016: . In: Legal Tribune Online, 06.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19556 (abgerufen am: 19.11.2024 )
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