Der Bundesgerichtshof hat in einer Grundsatzentscheidung seine Haltung bekräftigt, dass bei Steuerhinterziehung von einer Million Euro und mehr eine Bewährungsstrafe nicht ausreicht. Dazu gibt es Neues von ACTA, eine Insolvenzrechtsreform, die Stärkung der Pressefreiheit, Klagen gegen NGO in Ägypten, und Sex mit Hühnern soll wieder strafbar werden.
Steuerhinterziehung en gros bedeutet Haft: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer Grundsatzentscheidung bekräftigt, dass Steuerhinterziehung von einer Million Euro und mehr in der Regel eine Haftstrafe ohne Bewährung nach sich ziehen müsse. Das Handelsblatt (Axel Schrinner, Thomas Sigmund) widmet Titelgeschichte und Schwerpunkt diesem Thema und porträtiert mit Klaus Zumwinkel, Boris Becker und anderen prominente Steuerhinterzieher. Laut Martin Wulf, einem auf Steuerstrafrecht spezialisierten Rechtsanwalt, liege das Urteil im Trend, tendenziell zögen die Sanktionen an.
Heribert Prantl (SZ) spricht vom Ende der "schäfchenweichen Rechtsprechung", das Urteil bringe Ordnung in die Unordnung beim Strafmaß. Joachim Jahn (FAZ) hofft, dass sich Staatsanwälte dem Deal Bewährungsstrafe gegen Geständnis vermehrt verweigerten, sonst bliebe das BGH-Urteil konsequenzlos.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Steuerabkommen Schweiz: Der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) sieht in einem Gastbeitrag (Handelsblatt) in dem Steuerabkommen mit der Schweiz zahlreiche Vorteile. Den Finanzämtern bleibe zukünftig der Aufwand erspart, nichtdeklarierte Konten oder Depots in der Schweiz aufzuspüren, auch die pauschale Nachbesteuerung sei ein prinzipiell guter Ansatz. Sofern die Interessen der Länder berücksichtigt würden, werde Hessen dem Gesetz zustimmen.
Urheberrecht im Streit: Die FTD (Svenja Hering, Benjamin Dierks) berichtet über die am Wochenende geplanten Demonstrationen gegen ACTA, und erläutern die Hintergründe des "Anti-Counterfeiting Trade Agreement", des "Handelsabkommens zur Abwehr von Fälschungen". Besonders umstritten sei die Pflicht von Online-Dienstleistern, die IP-Adresse von Nutzern weiterzugeben, um Urheberrechtsverletzungen ahnden zu können. Laut spiegel.de (Konrad Lischka) würden Polen und Tschechien ACTA vorerst nicht ratifizieren, bis geklärt sei, welche rechtlichen Konsequenzen es habe.
Meike Laaf und Julian Weber (taz) streiten anlässlich der umstrittenen US-Gesetze ACTA und SOPA um die Frage, ob das Urheberrecht abgeschafft werden müsse. Ja, sagt Laaf, das Gesetzesfossil werde den Verfügbarkeitsmöglichkeiten des Internet nicht gerecht, immer drakonischere Strafen brächten nicht. Laut Weber seien Urheberrechte ein notwendiges Übel, solange es keine anderen Wege gebe, Musikerrechte zu schützen.
Digitalisierte Finanzverwaltung: Die FTD (Mareeke Buttjer) bringt einen Hintergrundbericht über die Digitalisierung der Finanzverwaltung. Obwohl dieser Entwicklungsschritt zu begrüßen sei, hielten die alten Gesetze mit den neuen Technologien nicht mehr Schritt. So sei es für Steuerbürger nur noch eingeschränkt möglich, nachträglich Korrekturen von Schreibfehlern vorzunehmen. Rechtlich hätten derartige falschen Angaben als Fehler des Finanzbeamten gegolten, die ohne zeitliche Befristung geändert werden konnten. Durch die elektronische Steuererklärung prüften Beamte nur noch in Ausnahmefällen, der Bescheid ergehe maschinell. Und die Frist zur Korrektur reduziere sich auf einen Monat.
Insolvenzrechtsreform: Der Rechtsanwalt Gregor Schmid (blog.handelsblatt.com) stellt die zweite Stufe der Insolvenzrechtsreform vor und untersucht insbesondere die Insolvenzfestigkeit von Lizenzen. Nach wie vor sei unklar, ob der Begriff Lizenzvertrag in § 108 a Insolvenzordnung auch die sogenannten Know-How-Lizenzen umfasse.
Weitere Themen – Justiz
Stärkung der Pressefreiheit: Der Europäische Gerichtshof für Menschenenrechte (EGMR) hat in zwei Urteilen die Berichterstattungsmöglichkeiten der Presse gestärkt. Wie die taz (Christian Rath) berichtet, durften die Fotos eines koksenden Fernsehkommissars sowie von Prinzessin Caroline von Monaco veröffentlicht werden. Im Fall Caroline, so die FAZ (Friedrich Schmidt), habe der EGMR die ausgewogene Balance zwischen Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit vermisst.
Max Steinbeis (verfassungsblog.de) notiert die dissenting vote des spanischen Richters und seiner deutsche Kollegin Renate Jäger im Fall der Bilder des Drogen konsumierenden Schauspielers. Sie kritisierten, ihre Kollegen hätten sich durch ihre inhaltliche Bewertung der Berichterstattung zu einer vierten Gewalt aufgeschwungen.
Ghetto-Renten rückwirkend nur bis 2005: Das Bundessozialgericht (BSG) hat entschieden, dass Renten für Zwangsarbeit in Ghettos während des Zweiten Weltkriegs rückwirkend nur bis 2005 und nicht bis 1997 gezahlt werden müssten, wenn ein Antrag zu einem früheren Zeitpunkt zwar rechtswidrig, jedoch rechtswirksam abschlägig beschieden worden sei, schreibt spiegel.de (aar). Das Urteil, das 22.000 jüdische Überlebende aus Ghettos betreffe, spare laut einer Berechnung der Deutschen Rentenversicherung den Steuerzahler eine halbe Milliarde Euro. Bei einer weiteren Urteil des BSG am heutigen Mittwoch werde mit einer ähnlichen Entscheidung gerechnet. Dem Bundestag liege ein Entschließungsantrag vor, demzufolge die Ghetto-Renten von der gesetzlichen Rückwirkungsgrenze von vier ausgenommen werden sollten. Die Berliner Rechtsanwältin Simona Reppenhagen habe bereits angekündigt, Verfassungsbeschwerde einreichen zu wollen.
Oracle gegen SAP: Oracle bringt SAP erneut vor Gericht. Laut Handelsblatt (Jens Koenen) wolle der "Prozesshansel Oracle" die Schadenshöhe wegen des Downloadens von Software endgültig feststellen lassen. Der von einer Jury ursprünglich festgestellte Schaden von 1,3 Milliarden Dollar sei von der Richterin um eine Milliarde reduziert worden, da ein Schaden in dieser Höhe nicht hätte bewiesen werden können.
Laut FAZ (Stephan Finsterbusch) fühle sich Oracle durch den Datendiebstahl mehr getroffen, als es die Schadensumme ausdrücke. SAP bedauere den Schritt von Oracle und hoffe, den Streit auf faire Art und Weise beenden zu können.
Weitere Themen – Recht in der Welt
Ägypten: bild.de berichtet, die ägyptische Regierung beabsichtige, zwei Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung anzuklagen. Insgesamt werde 43 Mitarbeitern von Nichtregierungs-Organisationen verbotene Aktivitäten und illegaler Annahme von Geld aus dem Ausland zur Last gelegt.
Das Letzte zum Schluss
Sex mit Hühnern nicht hinnehmbar: Zoophilie, sexuelle Handlungen mit und an Tieren, soll in Zukunft wieder strafbar werden. Eine derartige Forderung im Zusammenhang mit der Reform des Tierschutzgesetzes, habe, so lto.de, die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin erhoben. Im Zusammenhang mit der Reform des Tierschutzrechts solle wie bis 1969 Zoophilie wieder strafbewehrt werden. Dadurch werde das Verbot der Verbreitung zoophiler Pornographie in § 184 a StGB gestärkt. Es sei Zeit, so Martin, mit der Staatszielbestimmung Tierschutz endlich Ernst zu machen.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
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lto/ro
Die juristische Presseschau vom 8. Februar 2012: . In: Legal Tribune Online, 08.02.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5519 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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