Amoklauf von Winnenden: Stadt will Eltern verklagen

25.09.2013

Gut vier Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden will die Stadt Geld für entstandene Schäden eintreiben. Sie plant, gegen die Eltern des Amokläufers zu klagen - falls man sich nicht doch noch vorher einigt.

Die Stadt Winnenden will die Eltern des Amokläufers Tim K. auf Schadenersatz verklagen. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gemeinderat am Dienstagabend gefasst. Bisher hätten außergerichtliche Verhandlungen keine Einigung gebracht, teilte der Gemeinderat am Mittwoch mit. Da die Ansprüche der Stadt Ende des Jahres verjähren, sehe sie sich gezwungen, Klage beim Landgericht (LG) Stuttgart zu erheben.

Es geht um 9,4 Millionen Euro für Folgekosten der Gewalttat vor mehr als vier Jahren. Am 11. März 2009 hatte der 17-jährige Tim K. ein Blutbad angerichtet. Mit der Waffe seines Vaters erschoss er 15 Menschen und sich selbst.

In einem ersten Strafprozess war der Vater des Amokläufers wegen fahrlässiger Tötung zu einem Jahr und sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte die Tatwaffe unverschlossen im Schrank aufbewahrt. Hiergegen hatte er zunächst erfolgreich Revision beim BGH eingelegt. Auch gegen das zweite Urteil ist er vor den BGH gezogen. Vor dem LG Stuttgart sind mindestens sechs Schadenersatzklagen von Privatleuten in Gesamthöhe von mehreren hunderttausend Euro anhängig.

"Schulgebäude Lehrern und Schülern nicht mehr zumutbar"

Der Vater des Täters hat eine Haftpflichtversicherung bei der Allianz Versicherung AG, deren Deckungssumme sich in Leistungen für Personen- und in solche für Sachschäden aufteilt. Die Ansprüche der Opferangehörigen und der Verletzten werden als Personenschäden verbucht.*

Kommune und die Versicherung des Vaters streiten aber darüber, ob der der Stadt entstandene Schaden der Deckungssumme für Personenschäden zugerechnet oder aus der Deckungssumme für Sachschäden bezahlt wird.

Die Versicherung sieht alle Schäden als Personen- oder Personenfolgeschäden, die Stadt wollte aus dem Sach-Topf entschädigt werden, um nicht in Konkurrenz zu Forderungen von Angehörigen und Verletzten zu stehen. Es seien Schäden am Schulgebäude entstanden und es gebe Folgekosten, "die durch das ohne grundlegende Umgestaltungen nicht mehr nutzbare, weil Lehrern und Schülern nicht mehr zumutbare, Schulgebäude entstanden sind". Der Anwalt des Vaters, Eric Silcher, sagte dazu: "Die wollen den Umbau der Schule finanziert haben."

Durch den Streit waren die Auszahlungen an die Angehörigen blockiert. Damit die Verwandten der Opfer zügig aus dem Topf für Personenschäden ausbezahlt werden können, beschloss der Gemeinderat am Dienstag zudem, hinter den Ansprüchen der Geschädigten zurückzutreten. "Damit ist ein wichtiger Schritt getan", sagte eine Allianz-Sprecherin in München. Man suche trotz der angekündigten Klage der Stadt weiterhin nach einer außergerichtlichen Einigung. "Die Gespräche gehen weiter."

* Änderung vom 25. September 2013, 14:04: Die nachfolgenden drei Absätze wurden modifiziert. Sie enthalten nun ein Zitat des Anwalts des Vaters und die Information, dass die Stadt hinter den Ansprüchen der Geschädigten zurücktreten will. Außerdem ist nicht mehr davon die Rede, dass die Konkurrenzsituation durch die Klage vermieden werden könnte.

dpa/una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Amoklauf von Winnenden: . In: Legal Tribune Online, 25.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9666 (abgerufen am: 20.11.2024 )

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