Politiker und Politikerinnen aus der Unionsfraktion im Bundestag fordern mehr Kompetenzen für den Bund beim Infektionsschutz. Die Opposition zeigt sich skeptisch.
Angesichts des uneinheitlichen Vorgehens der Länder bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie kommt aus der Unionsfraktion im Bundestag ein Vorstoß für mehr Kompetenzen des Bundes. Ziel ist es, bundesweit gleiche Maßnahmen in der Krisenbewältigung zu ermöglichen. Die Initiative der Abgeordneten Norbert Röttgen, Johann Wadephul und Yvonne Magwas sieht vor, "dem Bund (zusätzlich) dieselben Handlungsmöglichkeiten zu geben wie den Ländern, nämlich durch Rechtsverordnung die Durchsetzung der nationalen Ziele des Infektionsschutzgesetzes zu gewährleisten".
Die drei CDU-Parlamentarier machen diesen Vorschlag in einer Mail an andere Mitglieder der Unionsfraktion. Zunächst hatte die Bild-Zeitung darüber berichtet. Der Deutschen Pressse-Agentur in Berlin liegt die Mail vor.
Eine Einigung auf gemeinsames Handeln sei "zuletzt und andauernd" nicht mehr möglich gewesen, schreiben die drei Abgeordneten. "Dadurch wurde die Schwäche des Infektionsschutzgesetzes sichtbar, die darin besteht, dass dieses Gesetz nur die Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt, mit denen die Ziele des Gesetzes erfüllt werden sollen, nicht aber die Bundesregierung." Diese Lücke im Infektionsschutzgesetz müsse der Bundestag zügig schließen.
Auch Merkel strebt Gesetzesänderung an
"Spätestens der Ablauf der öffentlichen Diskussion unter verschiedenen Ministerpräsidenten seit Ostermontag über das Ob und Wie einer Ministerpräsidentenkonferenz zeigt, dass wir auch auf Bundesebene Handlungsfähigkeit brauchen", sagte Wadephul dazu am Donnerstag der dpa. "Sie soll neben die der Länder treten und ein einheitliches, dem Ausbruchsgeschehen angemessenes Vorgehen erlauben."
Röttgen, Wadephul und Magwas bitten die angeschriebenen Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, sich ihrem Vorstoß anzuschließen. Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) gehörte nach dpa-Informationen zunächst nicht zu den Unterstützern des Vorstoßes. Da er in der Vergangenheit aber ebenfalls für bundesweit einheitliche Regelungen plädiert hatte, dürfte er der Initiative positiv gegenüber stehen.
Wie das Nachrichtenmagazin Spiegel und die Bild-Zeitung übereinstimmend berichten, strebt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes an. Dies hatte sie bereits vor Ostern angekündigt und dabei moniert, dass die bereits Anfang März vereinbarte Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner von manchen Ländern nicht umgesetzt werde.
Das Problem dabei: Eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes - etwa mit dem Ziel, die Notbremse verpflichtend zu machen - kostet Zeit. Dies ist somit eher kein Weg, um die dritte Pandemiewelle schnell zu brechen. Und Merkel bräuchte auch die Zustimmung der Länder, wie sie vor Ostern ebenfalls schon deutlich gemacht hat.
Kritik von SPD und Opposition
Unterstützung kam aus Schleswig-Holstein. "Ich bin für verbindlichere Regelungen auch im Infektionsschutzgesetz für Regionen mit einer ansteigenden Inzidenz über 100 offen", sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) auf Anfrage. "Allerdings sollten wir in diesem Gesetz das Problem bei der Wurzel packen und uns auf die wirklich wirksamen Lösungen zur Eindämmung der Pandemie konzentrieren, nicht auf die Bereiche, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen kaum Effekte auf die Entwicklung des Infektionsgeschehens haben, wie zum Beispiel der Einzelhandel oder Aktivitäten im Außenbereich."
Ganz anders fiel die Reaktion aus Niedersachsen aus: "Ich kann derzeit nicht erkennen, wie mehr rechtliche Bundeskompetenzen zu einer besseren Eindämmung der Pandemie führen sollen - und darum muss es uns allen doch gehen", sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). "Es drängt sich mittlerweile vielmehr der Eindruck auf, dass über eine Bundesgesetzgebung die Unionsreihen geschlossen werden sollen."
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) betonte in Mainz: "Wir haben im Moment alle Instrumente, die man braucht." Es gebe eine klare gemeinsame Verabredung mit der Notbremse. "Ich wünsche mir, dass wir diese Notbremse überall anführen und auch durchsetzen." Dazu gehöre, dass Landräte auch
angewiesen werden müssten, die Regelungen umzusetzen.
Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, verwies ebenfalls auf das schon vorhandene Instrumentarium zur Pandemie-Bekämpfung: "Bevor der Bund das Infektionsschutzgesetz ändert, muss er erstmal die bestehenden Möglichkeiten ausschöpfen", sagte er der Augsburger Allgemeinen (Freitag).
Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, äußerte die "feste Überzeugung, dass dieses ganze Diskussionskonzert rund um den Lockdown nur einem dient, nämlich davon abzulenken, dass in den USA ab dem 19. April jeder Bürger geimpft werden kann und wir es immer noch nicht geschafft haben,
selbst die Impfstoffdosen effektiv zu verimpfen, die wir jetzt haben".
dpa/acr/LTO-Redaktion
Vorstoß aus Unionsfraktion: . In: Legal Tribune Online, 08.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44683 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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