Die Anti-Atom-Initiative "ausgestrahlt" will, dass das letzte Atomkraftwerk Süddeutschlands abgeschaltet wird. Ob das wegen Rissen in der Wand des Meilers geschehen muss, haben aber nicht Gerichte zu bewerten, so der VGH.
Das Atomkraftwerk (AKW) Neckarwestheim II im Landkreis Heilbronn bleibt weiter am Netz. Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg lehnte einen Eilantrag von Atomkraftgegnern ab, die den Betrieb wegen angeblicher Gefahren durch Risse an Rohren untersagen lassen wollten. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung zur sofortigen Stilllegung des Meilers seien nicht erfüllt, teilte der VGH in Mannheim am Montag mit (Az.: 10 S 1870/21).
Die Antragsteller, darunter die Anti-Atom-Initiative "ausgestrahlt", hatten bereits Ende 2020 vor dem VGH Klage gegen den Weiterbetrieb eingereicht, nachdem das Umweltministerium ihren Antrag auf Stilllegung abgelehnt hatte. Über diese Klage ist noch nicht entschieden. Mit dem Eilantrag hatten die Aktivisten geltend gemacht, dass es ihnen nicht zugemutet werden könne, die Entscheidung im Hauptsacheverfahren noch länger abzuwarten.
Ob Risse in der Wand schlecht sind, bewerten nicht Gerichte
Dieser Auffassung folgte der VGH nun jedoch nicht. Der Erfolg im Hauptsacheverfahren sei "nicht überwiegend wahrscheinlich", so das Gericht. Es ging in dem vorliegenden Eilverfahren vor allem um "Wanddickenschwächungen" - oder einfacher gesagt: um Risse im AKW. Das Gericht führte zur Begründung an, dass es im Atomrecht häufig im Wesentlichen auf fachlich-technische Bewertungen, dem sogenannten Funktionsvorbehalt der Exekutive, ankomme. Danach sei die Exekutive für "die Beurteilung von Art und Ausmaß bestehender Risiken und die Entscheidung, ob solche hinzunehmen sind oder nicht, allein verantwortlich", so das Gericht.
Deshalb könne das Gericht hinsichtlich der erhobenen Einwendungen gegen die fachlich-technische Bewertung der Aufsichtsbehörde keine eigene Beurteilung vornehmen. Insbesondere könnten die angesprochenen naturwissenschaftlichen Fragen nicht eigenständig anders bewertet werden, da diese auf einer breiten und auch gutachterlich aufgearbeiteten Tatsachengrundlage beruhten. Diese Tatsachen würden auch von erheblichen Teilen der Fachwelt gedeckt. Daher könne entsprechend der letzten Risikoeinschätzung auch nicht davon ausgegangen werden, dass den Antragstellern existenzielle Gefahren für Leib und Leben drohten.
Die Initiative "ausgestrahlt" kritisierte die Entscheidung. Die Gefahr von Rissen sei weiterhin akut.
Der VGH-Beschluss ist unanfechtbar. Gesetzlich vorgesehen ist, dass Block II spätestens zum 31. Dezember diesen Jahres ohnehin abgeschaltet wird. Damit würden im Südwesten Deutschlands keine Atommeiler mehr laufen.
dpa/ast/LTO-Redaktion
Eilantrag vor dem VGH BaWü erfolglos: . In: Legal Tribune Online, 02.05.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/48309 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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