Das OVG hatte zuletzt abgelehnt, syrischen Flüchtlingen generell die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Das VG Münster sieht das weiterhin anders: Syrer müssten bei Rückkehr grundsätzlich mit politischer Verfolgung rechnen.
Nach einer aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Münster müssen geflüchtete Syrer, die einen Antrag auf Asyl stellen, im Falle einer Rückkehr nach Syrien mit politischer Verfolgung durch das Assad-Regime rechnen (Urt. v. 08.03.2017, Az. 14 A 2316/16 A). Damit widerspricht das Gericht der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Nordrhein-Westfalen.
Dieses hatte im Februar entschieden, dass ein syrischer Familienvater nicht schon allein wegen seines Asylantrags, des Aufenthalts in Deutschlands und seiner illegalen Ausreise aus Syrien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit mit politischer Verfolgung rechnen muss, wenn er ins Land zurückkehrt. Das OVG hatte damit die Ansicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestätigt und die Klage des Mannes auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft abgewiesen.
Es war eine Änderung der bisherigen Rechtsprechung. Bislang war das OVG - ebenso wie das VG Münster - stets davon ausgegangen, dass jeder zurückkehrende Syrer damit rechnen müsse, verfolgt und – gegebenenfalls unter Folter – über seine Kenntnisse über die Exilszene verhört zu werden. Inzwischen sieht das OVG dies aber anders. Es gebe keine Erkenntnisse, dass der syrische Staat zurückkehrende Asylbewerber als politische Gegner ansehe, hieß es im Februar.
Das VG bleibt indes bei seiner Rechtsprechung. Am Mittwoch hat es die Bundesrepublik verpflichtet, einer syrischen Familie die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. In der am Freitag veröffentlichten Mitteilung zur Entscheidung heißt es, das Gericht habe sich unter Auswertung der vorliegenden Erkenntnisse der Begründung des OVG für seinen Wechsel der ständigen Rechtsprechung nicht anzuschließen vermocht.
Das VG verweist auf Erkenntnisse, wonach syrische Rückkehrer auch nach wie vor durch das syrische System befragt würden. Zudem sei bekannt, dass das syrische Regime "de facto im rechtsfreien Raum" agiere und Foltermethoden anwende. Zwar habe der syrische Staatspräsident vor der ausländischen Presse 2015 erklärt, bei der Mehrheit der Flüchtlinge handele es sich um "gute Syrer und Patrioten". Allerdings fehle es ihm bereits an jeglicher Glaubwürdigkeit, da das Regime massenhaft die eigenen Staatsangehörigen unterdrücke.
una/LTO-Redaktion
VG Münster widerspricht OVG: . In: Legal Tribune Online, 10.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22344 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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