Eltern wollten erreichen, dass eine Kita ihre Kinder betreuen muss, obwohl sie nicht gegen Masern geimpft sind. Das VG Main googelte und stellte fest: Der das Attest ausstellende Arzt ist Impfkritiker. Es lehnte den Antrag der Eltern ab.
Ein nicht gegen Masern geimpftes Kind hat nur dann einen Anspruch auf Betreuung in einer Kindertagesstätte, wenn die Eltern durch ein aussagekräftiges ärztliches Zeugnis nachweisen, dass das Kind nicht geimpft werden kann. Dies entschied das Verwaltungsgericht (VG) Mainz in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss (v. 07.03.2024, Az. 1 L 98/24.MZ), mit dem es den Antrag eines Elternpaares auf Eilrechtsschutz ablehnte.
In dem Fall kündigte eine Kita einem Elternpaar an, dass sie ihre Kinder nicht weiter betreuen werde. Der Grund: Die Kinder waren nicht gegen Masern geimpft. Die Eltern hatten bei der Aufnahme in die Kita zwar ein ärztliches Attest über eine vorläufige Impfunfähigkeit vorgelegt, dieses war aber abgelaufen. In dem neuen Attest gab der Arzt an, die Kinder nicht untersucht zu haben, weil die Eltern risikoerhöhende Faktoren für eine Masern-Infektion verneint haben sollen. Außerdem bestehe eine "relative Kontraindikation" einer Impfung der Kinder vor: Erstens aufgrund der Angaben der Eltern, zweitens aufgrund von Erkenntnissen aus allgemein bekannten und öffentlich zugänglichen Datenquellen.
Die Eltern erhoben gegen die Entscheidung der Kita, die Kita nicht zu betreuen, Widerspruch und stellten einen Antrag auf Gewährung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beim VG Mainz. Sie wollten erreichen, dass die Kita ihre Kinder trotz abgelaufenen Impfunfähigkeitsattests weiter betreut.
Das VG lehnte den Eilantrag nun ab und argumentierte, es gebe keinen Anspruch auf Betreuung, weil die Eltern den geforderten Nachweis der Impfunfähigkeit nicht erbracht hätten.
Arzt dem Gericht als Impfkritiker bekannt
Kinder haben nach § 24 Abs. 3 des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) zwar grundsätzlich einen Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte. Seit 2020 müssen Kinder, die in einer Gemeinschaftseinrichtung betreut werden, allerdings die Impfung gegen Masern, eine Immunität oder eine Kontraindikation nachweisen, § 20 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG). So sollen Ausbrüche der Viruserkrankung verhindert werden. Erbringen Eltern den Nachweis nicht, darf die Kita ihre Kinder nicht betreuen.
Das Attest des Arztes erfülle die Voraussetzungen an einen Impfunfähigkeitsnachweis nicht, so das VG in seinem Beschluss. Die Einschätzungen des Arztes, der als Impfkritiker bekannt sei und gegen den ein Strafverfahren "wegen des Ausstellens digitaler Atteste für eine Corona-Impfunfähigkeit eingeleitet wurde (wie eine Internetrecherche der Kammer ergeben hat)", beruhen laut dem Beschluss des VG allein auf dessen genereller Ablehnung der Masernimpfung. Allgemeine Bedenken gegen die Impfung genügten allerdings nicht. Für eine Befreiung sei vielmehr eine Gefährdung aufgrund individueller Faktoren notwendig, so das Gericht. Solche seien in diesem Fall nicht nachgewiesen.
Masern eine der ansteckendsten Infektionskrankheiten
Der Gesetzgeber gehe zudem davon aus, dass Masern zu den ansteckendsten Infektionskrankheiten des Menschen gehörten, die Infektion schwer verlaufen und Komplikationen und Folgeerkrankungen nach sich ziehen könne, begründete das VG seinem Beschluss. Dagegen stünden gut verträgliche Impfstoffe zur Verfügung. Daher sei die Impfpflicht zum Schutz der Gesundheit u.a. der anderen Kinder und der Beschäftigten in einer Kindertagesstätte vor einer Weiterverbreitung der gefährlichen Masernerkrankung generell gerechtfertigt, so das Gericht. Diese Wertung bestätigte bereits 2022 das Bundesverfassungsgericht.
Zur Masernimpfpflicht entschied auch das VG Berlin vergangenen Jahr mehrere Eilverfahren. Das Gericht stellte klar, dass das Gesundheitsamt Eltern ein Zwangsgeld androhen darf, wenn diese sich weigern, den Gesundheitsämtern einen Impfnachweis für den Schulbesuch ihrer Kinder vorzulegen.
Die Entscheidung des VG Mainz ist nicht rechtskräftig. Die Eltern können Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz einlegen.
hes/LTO-Redaktion
VG Mainz bestätigt Masernimpfpflicht für Kinder: . In: Legal Tribune Online, 18.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54125 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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