Es gibt genügend Anhaltspunkte dafür, dass die "Junge Welt" Bestrebungen und Tätigkeiten gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung vornimmt. Der Verfassungschutz darf sie entsprechend weiter in seinen Berichten nennen, so das VG Berlin.
Die Tageszeitung "Junge Welt" muss nach einer Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin (VG) vorerst nicht aus den Verfassungsschutzberichten des Bundesministeriums des Innern und Heimat (BMI) gestrichen werden (Beschl. v. 18.03.2022, Az. VG 1 L 436/21).
In den vom BMI herausgegebenen Verfassungsschutzberichten für die Jahre 1998, 1999, 2002 und 2004 bis 2020 wird die "Junge Welt" als kommunistisch ausgerichtete Tageszeitung aufgeführt. Mit einem Eilantrag hatte die Herausgerberin begehrt, die Behörde zu verpflichten, die jeweilige Erwähnung bis zur Entscheidung über eine entsprechende Klage zu unterlassen.
Die 1. Kammer des VG hat den Eilantrag nun jedoch zurückgewiesen. Der Herausgeberin sei zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Wegen der Berichte vor 2014 sei die Sache schon nicht eilbedürftig. Die Herausgeberin habe über viele Jahre die Praxis des BMI hingenommen. Aus der Erwähnung vor diesem Zeitpunkt könnten heute keine unzumutbaren Nachteile mehr folgten, so das Gericht.
Kein Verstoß gegen Meinungs-und Pressefreiheit
Außerdem bestehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht, stellte das VG im Rahmen der summarischen Prüfung fest. Die Berichterstattung sei vom Bundesverfassungsschutzgesetz abgedeckt. Danach dürfe das BMI die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung informieren. Es müssten dafür nur hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Das sei hier der Fall:
Die "Junge Welt" sei eine Tageszeitung, die die Errichtung einer sozialistisch-kommunistischen Gesellschaftsordnung nach klassischem marxistisch-leninistischen Verständnis anstrebe. Hierfür propagiere sie eine Gesellschaftsordnung mit einem Einheitsparteiensystem. Sie agiere darüber hinaus nicht nur als Tageszeitung, sondern trete außerdem durch die jährlich stattfindende Rosa-Luxemburg-Konferenz an die Öffentlichkeit. Einzelne Stamm- und Gastautoren sowie Redakteure der Zeitung seien klar dem linksextremen Spektrum zuzuordnen.
Hinzu komme, dass sich die "Junge Welt" nicht ausdrücklich zur Gewaltfreiheit bekenne.Darüber hinaus biete die Tageszeitung Dritten, die Gewaltanwendung befürworten – u.a. ehemaligen RAF-Mitgliedern oder Vertretern der Hamas – immer wieder eine Plattform. Die Erwähnung im Verfassungschutzbericht verstoße damit weder gegen die Meinungs- noch die Pressefreiheit.
cp/LTO-Redaktion
VG Berlin zu Verfassungsschutzberichten: . In: Legal Tribune Online, 21.03.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47889 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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