VG Berlin zur charakterlichen Eignung von Polizeianwärter: Ent­las­sung "auf Nacken"

19.06.2019

Ein Polizeianwärter filmt sich dabei, wie er mit einer vermeintlichen Betrugsmasche gratis an Kaffee und Kuchen kommt. Das Video stellt er ins Netz. Damit seien Zweifel an seiner charakterlichen Eignung gerechtfertig, so das VG Berlin.

Ein Berliner Polizeianwärter muss sich wohl für einen anderen Karriereweg entscheiden. Er hatte Videos von sich ins Internet stellt, auf denen er mit einer Betrugsmasche gratis Kaffee und Kuchen ergaunert. Dies rechtfertige Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeidienst und damit seine Entlassung, wie das Verwaltungsgericht (VG) Berlin in einem Eilverfahren entschied (Beschl. v. 11.06.2019, Az. 28 L 157.19). 

Der 21-jährige Berliner Kriminalkommissaranwärter hatte im Jahr 2018 ein Video mit dem Titel "Auf Nacken! Starbucks Edition #1" bei Youtube hochgeladen. "Auf dein Nacken" stand zur Wahl zum Jugendwort 2018 und bedeutet soviel wie "Geht auf dich!". 

In dem mittlerweile gelöschten Video führt er an der Kasse eines Cafés ein fingiertes Telefonat mit dem angeblichen Geschäftsführer und gibt unter Vorwand einer Absprache Bestellungen auf, ohne diese zu bezahlen. Nach dem Verlassen des Cafés prahlt er mit seinem Erfolg und fragt seine Zuschauer, welches Geschäft er als nächstes aufsuchen sollte. 

VG: Polizei soll Straftaten verhindern, nicht dafür werben

Das Video wurde im Dezember 2018 bundesweit in den Medien bekannt und löste Empörung aus. Auch strafrechtlich wurde gegen den Mann ermittelt - ausgerechnet die Polizei Berlin kommentierte sein Video auf Youtube mit den Worten "Weitergeleitet an unser LKA. Strafanzeigege ist raus - #aufNacken!". Der Kommissaranwärter hatte in der Videobeschreibung beteuert, die Produkte später bezahlt und das Video nur zu Unterhaltungszwecken veröffentlicht zu haben. Ob das allerdings schon von Anfang an in der Beschreibung stand oder erst nachträglich eingefügt wurde, ist nicht bekannt. Zum Stand eines möglichen Ermittlungsverfahrens konnte die Berliner Staatsanwaltschaft am Mittwoch keine Auskunft mehr geben. 

Der Polizeipräsident entließ den 21-Jährigen daraufhin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung.

Das VG wies seinen dagegen gerichteten Eilantrag zurück. Die Entlassung sei nicht zu beanstanden, weil der Polizeianwärter durch sein Verhalten gegen seine Kernpflichten als Polizeibeamter verstoßen habe. Aufgabe der Polizei sei es, Straftaten zu verhindern und aufzuklären, nicht aber für vermeintliche Betrugsmaschen – selbst in Form eines Sketches – zu werben. Ob er die Produkte später wirklich bezahlt hat könne laut VG dahinstehen. Alleine die Veröffentlichung des Videos verletze bereits das Ansehen der Polizei. 

Von einer grundrechtlich geschützten "künstlerischen Tätigkeit" beim Werben für eine solche Tat im Internet könne laut Mitteilung des Gerichts keine Rede sein. Auch die Aufforderung an die Zuschauer, weitere Geschäfte für ihn auszusuchen, widerspreche den Anforderungen, die an Polizeibeamte gestellt werden. Die Polizei habe daher zu Recht die berechtigten Zweifel an der charakterlichen Eignung zum Anlass genommen, den Berliner zu entlassen.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

VG Berlin zur charakterlichen Eignung von Polizeianwärter: . In: Legal Tribune Online, 19.06.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36015 (abgerufen am: 19.11.2024 )

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