VG Aachen: Dauerüberwachung eines Sexualstraftäters in Heinsberg rechtmäßig

25.01.2011

Das VG Aachen hat die polizeiliche Dauerüberwachung des entlassenen Sexualstraftäters Karl D. für zulässig erklärt. Dessen Rückkehr nach Heinsberg hatte im vergangenen Jahr für erhebliche Bürgerproteste gesorgt. Die Kammer urteilte nun auf die Klage des ebenfalls überwachten Bruders des Straftäters, dass die Maßnahme verhältnismäßig ist.

Aus formellen Gründen konnte keine Sicherungsverwahrung angeordnet werden, als Karl D. Anfang März 2009 aus der Haft entlassen wurde. Der mehrfach wegen Sexualdelikten verurteilte Straftäter zog nach Heinsberg zu seinem Bruder und dessen Ehefrau, den jetzigen Antragstellern. Der Fall machte Schlagzeilen, weil die von offizieller Seite informierten Anwohner sich dagegen wehrten, dass ein Sexualstraftäter in der Nachbarschaft wohnt.

Von diesem Zeitpunkt an wurden nicht nur Karl D. , sondern auch sein Bruder rund um die Uhr polizeilich überwacht. Die Polizei begründete das Vorgehen mit den psychiatrischen Gutachten, die im Rahmen des letztlich erfolglosen Verfahrens auf Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung  erstellt worden waren. Diese waren zu dem Ergebnis gelangten, dass der Verurteilte auch nach Verbüßung seiner Haft weiterhin einen Hang zu erheblichen Straftaten habe und zu erwarten sei, dass er künftlich mit vergleichsweise hoher Wahrscheinlichkeit Straftaten begehen werde, durch die die Opfer seelisch und körperlich schwer geschädigt würden.

Schon im vorläufigen Verfahren hatte das Verwaltungsgericht (VG) Aachen im Ergebnis den Antrag des Bruders von Karl D. abgelehnt, dass die ständige Observation durch die Beamten zu unterlassen sei (Beschl. v. 18.03.2010, Az 6 L 28/10).

Die Sicherheit der Allgemeinheit geht vor

Mit seiner endgültigen Entscheidung vom 24. Januar 2011 (Az.  6 K 140/10) stellt das VG nun fest, dass Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsgrundlage des § 16 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, S. 2 Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) durch eine verfassungskonforme Auslegung der Norm beseitigt werden könnten.

Und auch die konkrete Maßnahme sei rechtmäßig, da insbesondere verhältnismäßig. Eine Abwägung zwischen dem Grundrecht der betroffenen Verwandten auf informationelle Selbstbestimmung und den Interessen der Allgemeinheit falle zugunsten der Sicherheit der Allgemeinheit aus, so die Aachener Richter.

Sie betonten zwar, sich der Belastung bewusst zu sein, der die Familie von Karl D. ausgesetzt ist. Die Gutachten ließen aber weiterhin den Schluss zu, dass Karl D. eine Gefahr für die Allgemeinheit ist. Diese Ergebnisse hatte die Kammer schon im vorläufigen Verfahren explizit für verwertbar erklärt, da die Sicherungsverwahrung und die längerfristige Observation sich strukturell ähnelten.

Karl D. half also nicht, dass er sich nun - offenbar freiwillig - einer Therapie unterzogen hatte. Allerdings haben die Aachener Richter die Berufung gegen ihre Entscheidung zugelassen.

pl/LTO-Redaktion

 

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Zitiervorschlag

VG Aachen: . In: Legal Tribune Online, 25.01.2011 , https://www.lto.de/persistent/a_id/2400 (abgerufen am: 24.11.2024 )

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