Erneut könnte ein zentrales Element der Euro-Rettungspolitik auf den Prüfstand kommen. Denn das BVerfG muss sich mit der Frage beschäftigen, ob die Europäische Bankenunion rechtmäßig ist. Sie habe keine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen und stelle somit einen Grundrechtsverstoß dar, so die Professoren-Gruppe "Europolis".
Die gemeinsame europäische Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) soll im November ihre Arbeit aufnehmen. Die Bankenaufsicht ist die erste Säule der Bankenunion. Die EZB kontrolliert dabei die bedeutenden Banken im Euroraum - nach Bilanzprüfungen und Stresstests.
Nun wird sich aber das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit der Rechtmäßigkeit der Bankenaufsicht, und damit der Bankenunion, intensiv befassen müssen. Die Mitglieder der Initiative "Europolis" ziehen mit einer Verfassungsbeschwerde nach Karlsruhe. Das Gericht hat den Eingang am Montag bestätigt (Az. 2 BvR 16 186/14).
In einer Mitteilung von Sonntag heißt es: "Angesichts der Missachtung der Integrationsverantwortung durch Bundesregierung und Bundestag bei der Behandlung des Brüsseler Vorhabens einer Bankenunion hat sich die Europolis-Gruppe entschlossen, sowohl gegen die zugrundeliegenden Rechtsverordnungen als auch gegen das Zustimmungsgesetz zur Übertragung der Bankenaufsicht auf die EZB Verfassungsbeschwerde zu erheben."
"Schäuble täuscht die Öffentlichkeit"
Die Bankenunion habe keine Rechtsgrundlage in den europäischen Verträgen, so das Hauptargument der Beschwerdeführer. Sie stelle somit als "ultra-vires-Akt" einen Grundrechtsverstoß dar, heißt es in der Stellungnahme.
Der Finanzwissenschaftler Markus C. Kerber von der TU Berlin gehört zu der Gruppe. Der Welt am Sonntag erklärte er, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) täusche die Öffentlichkeit über die Risiken der Bankenunion. Die Bankenunion habe vor allem das Ziel, den zunächst nur für Staaten gedachten Euro-Rettungsfonds ESM zur Sanierung maroder Banken zu nutzen. Die gemeinsame Bankenaufsicht sei der "vorläufige Höhepunkt des Selbstermächtigungsregimes in Brüssel".
Das BVerfG hatte sich erst im Februar mit einem anderen zentralen Element der Euro-Rettung befasst. Dabei hatte das Gericht entschieden, das umstrittene Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Staatsanleihen vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen. Das deutsche Verfassungsgericht geht davon aus, dass die EZB mit dem sogenannten OMT-Programm ihre Kompetenzen überschritten hat. Der 2012 beschlossene Plan der Notenbank gilt als Hauptgrund für die Beruhigung der Eurokrise.
una/dpa/LTO-Redaktion
Professoren gegen Bankenunion vors BVerfG: . In: Legal Tribune Online, 28.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12695 (abgerufen am: 02.11.2024 )
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